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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

Um Mittag hatte er noch keinen Hieb getan, und als Jettchen mit dem Essen kam, da lag er noch immer und weinte in einem fort. »Weine doch nicht mehr,« sagte sie zu ihm; »ich will die Arbeit wohl für dich thun, wenn du halten willst, was du mir gestern versprochen hast.« »Ja!« sagte der Königssohn; »das will ich dir gewiß und wahrhaftig halten.« Da wünschte sie, daß der Baum gefällt und in Splitter gehauen wäre, und wie sie es gewünscht hatte, so war es auch gleich geschehen. Der Königssohn legte sich nun hin und schlief, bis die Sonne hinunter war, dann ging er zu Hause und sagte, mit dem Baum wäre er fertig. »Gut das!« sagte die alte Hexe; »morgen will ich dir mehr zu thun geben.«

Den dritten Tag brachte sie ihn zu einem großen Teiche, gab ihm den Rand von einem Siebe und sagte: »Nun schöpfe mir den Teich aus; aber das wicke ich dir, bist du bis Sonnenuntergang nicht fertig damit, so geht’s dir schlecht.« Damit ging sie weg und ließ ihn allein. Der Königssohn aber fing bitterlich zu weinen an, denn mit einem Siebrande Wasser schöpfen, das war ja eine unmögliche Arbeit.

Um Mittag kam Jettchen und brachte das Mittagessen, und als sie ihn so weinend auf der Erde liegen sah, sprach sie ihm Muth ein und sagte: »Weine nicht mehr, Johann! Wenn Du Dein Versprechen halten willst, so will ich die Arbeit für dich ausrichten.« »Ja!« sagte er; »das will ich gewiß und wahrhaftig halten.« Da wünschte sie, daß der Teich leer wäre, und wie sie das gethan hatte, so war auch gleich alles Wasser heraus bis auf den letzten Tropfen.

»Diese Nacht,« sprach sie darauf, »will ich dich wecken; dann wollen wir zusammen fortlaufen, denn es ist die höchste Zeit; morgen früh, das weiß ich, will die Alte den Backofen heizen und wird dich sicher braten und auffressen, wenn wir nicht machen, daß wir von hier wegkommen. Darum halte dich bereit.« Das versprach er auch. Als nun die Sonne untergegangen war, ging er zu Hause und sagte, mit dem Teiche wäre er fertig. »Schön!« sagte die Hexe, »so sollst du morgen Feiertag haben« und that ganz freundlich und lachte, weil sie sich schon im voraus auf den guten Braten freute. Mit dem, so gingen sie zu Bette.

In der acht aber stand Jettchen auf, spuckte dreimal vor ihr Bett, weckte den Königssohn, und dann liefen sie fort, so schnell sie nur konnten. »Ich darf mich aber nicht umsehen«, sprach das Mädchen, »sonst hat mich die Hexe wieder in ihrer Gewalt; darum mußt Du zuweilen zusehen, ob wir nicht verfolgt werden.«

Unterdes war aber die Alte auch schon aufgestanden, denn sie konnte die Zeit nicht erwarten, daß der Backofen geheizt würde, und weil Jettchen ihr dabei helfen sollte, so rief sie: »Jettchen!« »Ja!« rief die Spucke. Aber Jettchen kam nicht. »Jettchen!« rief sie wieder. »Ja!« antwortete die Spucke;

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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_054.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)