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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

geschehen. Indem, so kam der Mann der alten Hexe herzugelaufen, fand aber nur einen schönen Gemüsegarten, und einen alten Mann mit langem Barte darin, den fragte er, ob er nicht da eben zwei hätte vorbeilaufen sehen! »Gelbe Wurzeln«, sagte der alte Mann. »Ich meine«, schrie ihm der andere zu, »ob Ihr nicht gesehen habt, wo die zwei Leute hingelaufen sind, die hier eben vorbeigekommen sein müssen!« »Gelbe Wurzeln«, sagte der alte Mann. Da fragte der andere zum dritten Male und schrie noch lauter als vorher, aber der alte Mann sagte wieder »Gelbe Wurzeln«. »Hier ist nichts zu machen«, dachte der Mann der Hexe, »ich will nur wieder zu Hause gehen.« Damit trollte er sich heim zu seinem alten Weibe.

Als Jettchen sah, daß der Kerl fort war, wünschte sie sich und Johann wieder in ihre natürliche Gestalt; dann liefen sie weiter und kamen glücklich über die Grenze, wo das Gebiet der Hexe aufhörte, so daß sie ihnen nichts mehr anhaben konnte.

Nicht lange darnach kamen sie an Johann sein Schloß. Da sprach der Königssohn zu dem Mädchen: »Es möchte meinen Eltern nicht recht sein, wenn ich dich so ohne weiteres mitbrächte; darum will ich erst mal allein zu ihnen gehen; es soll aber nicht lange dauern, so hole ich dich auch herein.« Da setzte sich Jettchen auf einen breiten Stein, der vor dem Schlosse lag und wartete, daß der Königssohn wiederkäme und sie abholte. Als der aber hinein zu seinen Eltern kam, vergaß er das Mädchen und ließ es draußen auf dem Steine sitzen und dachte nicht mehr daran.

Über eine Zeit trug es sich zu, daß der Königssohn sein Fenster offen ließ, da flog eine weiße Taube herein, die rief:

»Johann hat Jettchen vergessen
Auf einem breiten Stein.«

Und als er die Worte hörte, da fiel ihm auf einmal alles wieder ein, was er vergessen hatte, wie das Mädchen so gut gegen ihn gewesen war und daß er sie so treulos hatte sitzen lassen. Er hatte auch nicht eher Ruhe, bis er auszog, das Mädchen aufzusuchen.

Lange Zeit mußte er wandern, da kam er endlich an Jettchen ihr Schloß, das von der Hexe war verwünscht worden. Es war gerade Mittag, und um die Zeit hatten die drei Riesen eine Stunde Frist, wo sie nicht zu werfen brauchten, so daß der Königssohn ungehindert in das Schloß gehen konnte. In dem Schlosse war aber alles ganz still und leer; nur ein alter Mann saß darin, der hatte die Hand an die Wange gelegt und schlief, und vor dem Fenster, da stand eine einzige wunderschöne Blume; und als der Königssohn hereintrat, da schlug der alte Mann die Augen auf und sagte: »Vergiß das Beste nicht!« »Das Beste, was hier zu finden ist, wird wohl die schöne Blume sein,« dachte der Königssohn, nahm sie und wollte wieder aus dem Schlosse gehen. Da waren aber die drei Riesen schon wieder dabei und warfen

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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_056.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)