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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

trieben, so kam ein Kästchen den Strom herabgeschwommen, und wie es die drei Gärtnerskinder auffischten und ans Ufer zogen, so lag ein kleiner hübscher Knabe darin, dem saß auf der Stirn ein Pechpflaster. Da liefen die Gärtnerskinder mit dem Kästchen und dem Kinde darin voller Freuden zu ihrem Vater und zeigten es ihm, und der Gärtner, da er das arme hülflose Kind sah, erbarmte sich seiner und behielt es bei sich und behandelte es, als ob es sein eigenes Kind gewesen wäre, und die drei Gärtnerskinder warteten es und spielten damit.

Über ein Jahr kriegte die Königin wieder ein kleines Kind und das war wieder ein Knabe und trug vor seiner Stirn auch so einen goldenen Stern, genau wie das erste Kind. Die neidische Schwester aber, welche die Königin wieder zur Pflege bei sich hatte, nahm das Kind, sobald es geboren war, heimlich weg, legte ein Pechpflaster auf seine Stirn und setzte es in einem Kästchen auf den Strom, daß es die Wellen hinuntertrieben. An seiner Statt legte sie der Königin einen jungen Hund ins Bett und ging hin und sagte dem Könige, seine Gemahlin hätte diesmal wieder einen Hund zur Welt gebracht. Darüber gerieth der König in heftigen Zorn, versammelte seine Räthe und fragte sie, was sie meinten, daß er in der Sache thun solle? Da hielten sie einen Rath und sprachen; diesmal sollte der König noch verzeihen; wenn aber so was noch einmal wieder vorkäme, so hätte die Königin verdient, daß sie in einem Thurme lebendig vermauert würde und kein Essen und kein Trinken kriegte und so des Todes stürbe. Damit war der König zufrieden.

Es begab sich aber, daß zu derselben Zeit des Gärtners drei Kinder wieder in dem Garten waren und an dem Wasser spielten, da kam das Kästchen mit des Königs zweitem Kinde auf dem Strome dahergeschwommen, das zogen die drei Kinder auch ans Ufer und brachten es voller Freuden zu ihrem Vater, und weil der ein mitleidiger Mann war, so behielt er das arme hülflose Ding bei sich, und die drei Gärtnerskinder warteten es und spielten damit.

Nachdem, da ein Jahr vergangen war, wurde die Königin zum dritten Male schwanger und hatte wieder ihre Schwester bei sich, und als sie nun ein kleines Mädchen kriegte, da legte ihr das boshafte Weib eine Katze ins Bett und setzte das Kind in einem Kasten auf den Strom, daß es die Wellen hinaustrugen in das weite Land hinein. Aber die drei Gärtnerskinder fingen es auf und brachten es ihrem Vater, der erbarmte sich seiner und behielt es bei sich.

Der König, da er vernahm, daß seine Frau zum dritten Male ein Thier zur Welt gebracht hatte, ward seines Zornes nicht mehr Meister, ließ die arme Königin greifen und sie in einem Thurm lebendig vermauern, so daß sie vor Hunger bald umkommen mußte.

Eine Zeit darnach begab es sich, daß die drei Gärtnerskinder krank wurden und starben, die Königskinder aber wuchsen und wurden schön und stark, und der Gärtner setzte sie zu seinen Erben ein. Da sie nun einstmals in

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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_061.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)