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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

einen dichten Wald, und ganz verloren in seine trüben Gedanken, kam er vom Wege ab und verirrte sich. Da begegnete ihm ein kleines schwarzes Männchen, das fragte ihn, was ihm denn fehlte, er wäre ja so traurig? »Ach Gott,« sprach der Soldat, »wie sollt ich nicht traurig sein! Im Kriege ging es lustig her, da hatt ich Geld und Wein vollauf, aber jetzt muß ich Hunger und Durst leiden, meine Kleider sind zerrissen, mein Muth ist hin.« Das Männchen tröstete ihn und sprach: »Geh nur diesen Weg hier, so kommst du an ein verwünschtes Schloß, das wird von vielen wilden Thieren bewacht. Vor dem Schlosse liegt ein großer Stein, wenn du dich darauf setzest, so werden die Thiere fürchterlich an zu brüllen fangen, aber bleib nur ruhig sitzen bis die Glocke zwölf schlägt, da schlafen die Thiere ein. Dann geh in das Schloß hinein, da kannst du dir so viel Geld nehmen, daß du deine Lebtag genug daran hast; mit dem Schlage Eins mußt du aber zurück sein, sonst geht es dir schlecht.«

Der Soldat bedankte sich und ging auf dem Wege weiter, den das Männlein ihm gezeigt hatte. Als er nun an das Schloß kam und sich auf den großen Stein setzte, fingen alle die wilden Thiere, die das Schloß bewachten, auf einmal fürchterlich zu brüllen an, aber der Soldat kehrte sich an nichts, blieb ruhig sitzen bis um zwölf, wo die Thiere einschliefen, und ging dann in das Schloß hinein. Zuerst kam er in ein schönes Zimmer, das war ganz voll Kupfergeld und lag ein schlafender Riese dabei. Der Soldat füllte seine Taschen und wollte schon wieder fortgehen, als er noch eine zweite Thür bemerkte. Er machte sie auf und kam nun in ein zweites Zimmer, das war viel schöner als das erste, und auf dem Boden lagen große Haufen Silbergeld, lauter blanke Thaler, und ein Riese lag dabei und schnarchte. Da warf der Soldat schnell sein Kupfergeld wieder fort, steckte seine Taschen voll Silbermünze, so viel nur hineinging und dachte: »Nun hast du dein Lebelang Geld genug, nun sollst nur wieder umkehren.« Er sah aber da noch eine dritte Thür, machte sie auf und guckte hinein, und gut! daß er es gethan hatte, denn da lag lauter rothes Gold in großen Haufen und auch ein Riese dabei, aber der schnarchte und schlief ganz fest, und das Zimmer war so schön, wie der Soldat noch keins in seinem Leben gesehen hatte. Schnell warf er sein Silbergeld weg und packte nun so viel Gold ein, wie er nur tragen konnte und wollte wieder zurückgehen. Da sah er aber noch eine vierte Thür, die machte er auch auf und kam nun in das vierte und letzte Zimmer, das war schöner als das schönste Zimmer in des Königs Schlosse. Geld war da nicht, aber auf der Tafel stand Wein und Braten, der roch so schön, und die Teller, Messer und Gabeln waren von purem Golde. Da setzte sich der Soldat und pflegte seinen hungrigen Magen nach Herzenslust und trank von dem Weine so viel er nur mochte. Mittlerweile war es aber Zeit geworden, daß er wieder umkehren mußte. Nun hing an der Wand eine Pfeife und ein Tabaksbeutel und auf dem Tische

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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_078.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)