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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

gehn, ging das Mädchen in ihre Kammer, zog die Thür hinter sich zu und ließ das Fröschlein draußen sitzen. Da klopfte es an die Kammerthür und rief: »Wackres Mädchen, wackres Mädchen! Was du versprochen hast, mußt du auch halten! Setz’ mich in deine Kammer.« Das Mädchen hätte lieber das Fröschlein draußen gelassen, aber es dachte daran, was es ihm am Brunnen versprochen hatte, nahm es und setzte es in seine Kammer. Nun zog das Mädchen sein Nachtzeug an, löschte das Licht und legte sich zu Bett und meinte, das Fröschlein würde nun wohl zufrieden sein. Aber nein! es wollte auch bei dem Mädchen im Bette schlafen und rief: »Wackres Mädchen, wackres Mädchen! Was du versprochen hast, mußt du auch halten! Setz’ mich in dein Bett.« Da nahm das Mädchen das Fröschlein auch noch zu sich ins Bett und sprach: »So! Nun sei aber auch hübsch still, sonst muß ich dich wieder hinaussetzen.« Bald darnach, weil das Fröschlein ganz stille war, schlief das Mädchen ein. Den andern Morgen aber, als es aufwachte und sich nach dem Fröschlein umsah, war kein Fröschlein mehr da, sondern lag da ein wunderhübscher junger Prinz im Bette, der lachte das Mädchen freundlich an, küßte es und sprach: »Ich danke dir, daß du mich erlöst hast. Mein Großvater hatte mich in einen Laubfrosch verwünscht, und nicht eher konnte ich wieder eine menschliche Gestalt annehmen, bis mich ein Mädchen freiwillig mit in sein Bett nahm.«

Noch denselben Tag zog nun der Prinz mit dem Mädchen fort in sein Königreich und nahm sie zu seiner Frau und sie hatte es gut bei ihm bis an ihr Ende.


35. Das Hemd des Zufriedenen.

Es war einmal ein reicher König, dem machte das Regieren so viele Sorgen, daß er darum nicht schlafen konnte die ganze Nacht. Das ward ihm zuletzt so unerträglich, daß er seine Räthe zusammen berief und ihnen sein Leid klagte. Es war aber darunter ein alter erfahrener Mann, der erhob sich, da er vernommen, wie es um den König stand, von seinem Stuhle und sprach: »Es giebt nur ein Mittel, daß wieder Schlaf in des Königs Augen kommt, aber es wird schwer zu erlangen sein; so nämlich dem Könige das Hemd eines zufriedenen Menschen geschafft werden könnte und er das beständig auf seinem Leibe trüge, so halte ich dafür, daß ihm sicherlich geholfen wäre.« Da das der König vernahm, beschloß er, dem Rathe des klugen Mannes zu folgen und wählte eine Anzahl verständiger Männer, die sollten das Reich durchwandern und schauen, ob sie nicht ein Hemd finden könnten, wie es dem Könige Noth that. Die Männer zogen aus und gingen zuerst in die schönen volkreichen Städte, weil sie gedachten, daß sie da wohl am ehesten zu ihrem Zwecke kämen; aber vergebens war ihr Fragen von Haus zu Haus nach

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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_086.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)