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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

18.

Schätzchen, reich mir deine Hand,
Zum Beschluß und Unterpfand.
Zum Beschluß einen Kuß,
Weil ich von dir scheiden muß.
Scheiden ist ein hartes Wort,
Du bleibst hier und ich muß fort,
Ich muß fort an den Ort,
Wo wir uns nicht wiedersehn.
Da bleibt unsere Liebe stehn.
In der Zeit weit und breit
Werden wir uns wiedersehn.


19.

Es steht eine Linde im tiefen Thal
Ist unten breit und oben schmal,
Darunter zwei Verliebte saßen,
Die sich ihre Ehe versprochen haben.
»Feinsliebchen, ich thu es dir sagen,
Ich muß noch sieben Jahre wandern.«
»Mußt du noch sieben Jahre wandern,
So heirathe ich einen andern.«
Und als die sieben Jahre ummer waren,
Da mein Feinsliebchen weggegangen war,
Da ging ich in den Garten,
Feinsliebchen zu erwarten.
Und als ich in den Garten kam,
Feinsliebchen unter der Linde saß.
»Guten Tag, guten Tag, du Feine,
Was machst du hier alleine?
Sind dir denn Vater oder Mutter gram,
Oder hast du heimlich einen Mann?«
»Mein Vater und Mutter sind mir nicht gram,
Ich habe auch heimlich keinen Mann.«
Was zog er von seinem Finger?
Einen Ring von feinem Golde.
Sieh da, du Hübsche, du Feine,
Dies soll dein Denkmal sein.
Was zog er aus seiner Taschen?
Ein Tuch schneeweiß gewaschen.

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_157.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)