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über die er richten will, zu kennen, sein einseitiges Urtheil spricht. Dabey muß er aber nicht nur Werke von einerley Gattung, sondern auch die Werke aus gleichen Zeiten der Künstler gegen einander stellen, nicht das Jugendwerk, gegen das andre des reifen Alters, nicht das etwa einmal eilfertig und flüchtig gearbeitete Kunststück des einen, gegen das geprüfte, verbesserte des andern. Beyder erkannte Meisterstücke, worin sie die letzte Hand anlegten, müssen mit einander verglichen werden.

Kunstkenntniß und besonders Geschmack wollen wir Hrn. D. Burney einräumen; aber ist er auch unpartheyisch? Kannte er auch alle Werke beyder berühmten Männer, die er vergleichen wollte? Aus S. XLVII. Und XLVIII. sieht man nichts als Partheylichkeit, und von einer nähern Bekanntschaft mit J. S. Bachs Hauptwerken für die Orgel finden wir in Hrn. D. Burneys Schriften keine Spuhren. Auch scheint er nach seinen Reisebeschreibungen zu urtheilen, wenig Erkundigungen über J. S. B. große wundernswürdige Art die Orgel zu spielen, eingezogen zu haben, da doch, als er reiste, noch manche ihres Lehrers nicht unwürdige Schüler, und unter diesen dessen ältester Sohn Wilhelm Friedemann noch lebten. Hätte Hr. Burney irgend eine Idee von der Größe J. S. B. als Meister auf der Orgel, gehabt, er würde solche Männer, die ihm von diesem Ersten aller Orgelspieler nähere Nachricht zu geben vermochten, allenthalben aufgesucht, und sich mit ihnen über einen Gegenstand, der in der Musik Epoche macht, lange unterhalten haben. Allein, ihm war nun einmal Händel der größte Orgelspieler, und wozu sollte er sich denn um die kleinern bekümmern! Daher seine ungerechten schiefen Vergleichungen. Diese zu widerlegen muß ich freylich auch vergleichen; aber, wie ich mir schmeichele, soll dieß mit mehr Unparteylichkeit nach längerer genauern Prüfung, und (was ich gleich Anfangs voraussetze) mit der Erklärung, daß ich Händeln, wo nicht durchgehends als Komponisten für die Instrumentalmusik, doch als Opernkomponisten, und noch mehr als Kirchenkomponisten für einen großen Mann halte, der theoretische Kenntniß, Wissenschaft der Harmonie mit Reichthum der Gedanken, Erfindung, Ausdruck und Gefühl verband, geschehen.

Bach und Händel sind in einem Jahre, nämlich 1685, gebohren, folglich komponirten sie ohngefähr zu gleicher Zeit. Als Opernkomponisten stund damals Händeln noch ein anderer