Seite:CPE Bach - Auszug eines Schreibens.pdf/5

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in Deutschland von jeher zu Hause gewesen, und wer weiß nicht, was J. S. B.-Werke dazu beytrugen, recht viele und große Orgelspieler zu bilden? Man wird nicht ungerecht seyn, wenn man aus dem gesagten folgert, daß ein Engländer keinen deutlichen Begriff von dem Wahren und Wesentlichen eines Orgelspielers haben könne, und sich also nicht zum Richter über große Orgelspieler aufwerfen müsse. Wie wenig Hr. Burney nun eine Ausnahme mache, wird aus der zuverläßigen Erzählung erhellen, die mir jemand von ihm machte. Als er nämlich in Hamburg war, bat er den Hrn. Capellmeister Emanuel Bach (bekanntlich den Sohn J. Sebastians) in der Michalskirche,[WS 1] die ein neues vortreffliches Werk von Hildebrandt hat, auf der Orgel zu spielen. Da ihm dieser sagte, daß er das Pedal nicht spielen könnte, soll er gelacht und gesagt haben: das Pedal wäre nicht nöthig.

Sonach können die Engländer schwerlich einen rechten Begriff von einem guten Organisten haben; und es wird ihnen übertrieben scheinen, wenn deutsche Musikkenner ihnen sagen, daß ein guter Organist ein großer Mann sey; daß er das schwerste und vollkommenste Instrument spiele, welchem ein völliges Genüge zu thun, ungemeine Talente, Wissenschaft und Uebung erfordert würden. Sonach wird schwerlich ein Engländer J. S. Bachs Orgelsachen auf seiner Insel jemals gehörig haben vortragen hören; denn, diese spielen zu können, was gehört nicht dazu?

In Bachs Orgelsachen kommen mehrentheils, und bey Stücken mit zwey Manualen und Pedal allezeit drey Systeme übereinander vor. Das Pedal ist allezeit vom Manuale frey und eine Stimme für sich. Zuweilen kommen auch zwey obligate Stimmen im Pedal vor. Die linke Hand ist nichts weniger, als Baßspielerin, sie muß alle Fertigkeit und Geläufigkeit der Rechten haben, um die ihr vorgeschriebenen Stimmen, die so oft voll lebhafter Melodie sind, gehörig ausführen zu können.

Nach Beschaffenheit der Registrirung giebt Bach dem Pedal zuweilen die prachtvolle, und dennoch manchmal nicht langsame noch leichte Hauptmelodie, wobey die beyden Hände das Glänzende haben; zuweilen hat es die oberste Mittelstimme, zuweilen die unterste. Alle diese Aufgaben und Veränderungen müssen sich die Hände auch gefallen lassen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Siehe dazu: Die Begegnung von Burney mit CPE Bach am Dienstag, den 13. Oktober 1772.