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Stelle, welche das bestätigt, nur bedarf sie eines kleinen Kommentars. Die Stelle lautet so: hat nicht ein großer Händel alle Gelegenheiten vermieden, sich mit dem seligen Bach, diesem Phönix im Satze und der Ausführung aus dem Stegereife, zusammenzufinden, und sich mit ihm einzulassen? u. s. w., und der Kommentar ist folgender: Händel ist dreymal aus England in Halle gewesen, das erstemal ungefähr um 1719, das zweytemal in den Dreyßigern, und das letztemal 1752 oder 1753. Beym erstenmale war J. S. B. damals Kapellmeister in Köthen, vier kleine Meilen von Halle. Er erfuhr Händels Anwesenheit in letztgedachtem Orte, sogleich setzte er sich auf die Post, und fuhr nach Halle. Denselben Tag, wie er da ankam, reisete Händel weiter. Beym zweytenmale hatte J. S. B. zum Unglück das Fieber. Weil er nun selbst nach Halle zu reisen außer Stande war, so schickte er sogleich seinen ältesten Sohn, Wilhelm Friedemann, dahin, um Händeln aufs höflichste einzuladen. Friedemann besuchte Händeln, und erhielt zur Antwort, daß er nicht nach Leipzig kommen könnte, und es sehr bedauerte. J. S. B. war nämlich schon damals in Leipzig, auch nur vier Meilen von Halle. – Beym drittenmale war J. S. schon todt. Händel war also nicht so neugierig, wie J. S. B., welcher einmal in seiner Jugend wenigstens 50 Meilen zu Fuße lief, um den berühmten Lübeckschen Organisten Buxtehude zu hören. Um so viel mehr schmerzte es J. S. B., daß er Händeln, diesen wirklich großen Mann, den er besonders hochachtete, nicht persönlich hatte kennen lernen.

Vielleicht fällt aber jemanden hiebey die bekannte Geschichte mit dem nicht ohne Verdienst berühmten französischen Orgelspieler Marchand ein, der nach Dresden kam, um mit Bachen um die Wette zu spielen, und ohne Sieg bescheiden sich in sein Vaterland zurückezog, nachdem der König mit einer großen und glänzenden Gesellschaft beym Marschall Grafen von Flemming deswegen ihn erwartete. Er ließ eine Besoldung von einigen 1000 Thalern im Stiche, und war mit Extrapost fort. Vielleicht hält man daher Bachen für einen herausfordernden musikalischen Renommisten, dem der friedfertige Händel wohl hätte aus dem Wege gehen müssen? Nein, Bach war nichts weniger, als stolz auf seine Vorzüge, und ließ seine Uebermacht niemand empfinden. Im Gegentheil war er ungemein bescheiden, tolerant und sehr höflich