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werden, bei stärkerem Anblasen, ihre Schwingungen grösser, also langsamer, ihr Ton also tiefer werden, bei schwächerem Anblasen aber kleiner, schneller, der Ton also höher.


Die Commission de l’Instruction publique erhob darauf, durch ihr Arrèté v. 22. Febr. 1817, Biot’s Précis zum öffentlichen Lehrbuch, und die gesammte liebe Jugend einer grossen Nation lernt nun, von Generation zu Generation den habile amateur de musique Mr. Grenié, als den Erfinder der besagten modification aussi simple qu’ingénieuse gläubig verehren. — Was Wunder, dass demnach auch der Inspector des Königl. Conservatoire de Musique, Mr. Perne, welcher ohne Zweifel ebenfalls nach Biot’s Précis Physik gehört hat, das eingelernte Credo in einem in öffentlichen Blättern abgedruckten Berichte nachbetet, und den Mr. Grenié als denjenigen preist, dem es bis jetzt vorbehalten geblieben, die Akustik durch seine ingeniöse Erfindung zu bereichern, wobei er Biot’s Zeugnis als authentische historische Quelle und wissenschaftliche Autorität anführt. — Im J. 1819 beschenkt Herr Friedr. Wolff, der Weltweisheit Doctor und Professor am Joachimsthal. Gymnasium, die teutschen Physikbeflissenen mit einer Uebersetzung des Biot’schen Précis; und auch dieser Teutsche lässt nicht den entferntesten Unglauben laut werden, so dass nun auch die teutsche Jugend das französische Credo einlernt. — Im Jahr 1821 liefert die Leipziger Mus. Ztg. Nr. 9 und 10 eine Uebersetzung des Perne’schen Berichtes, und dabei eine Notiz über ein, in — China übliches, aus einem ausgehöhlten Kürbis gebildetes Instrument, welches mit der angeblichen Grenié’schen Erfindung einige entfernte Verwandtschaft haben soll. — So bewahren wir (am Ende doch über die Gebühr anspruchlose) Teutsche, sorgfältig sogar den Chinesen die Ehre der, wenn gleich entfernten und rohen, ja problematischen Initiative; dass aber von unsern vaterländischen Künstlern schon ein Paar Jahrzehnte vor den Franzosen die Sache bereits ausgeführt gewesen, ja, dass sie bei uns bereits so gäng und gebe ist, dass jeder teutsche Orgelbauer, bei welchem ein Rohrwerk bestellt wird, dem Besteller alsbald mit der Frage entgegenkommt, ob es mit aufschlagenden, oder mit freischwingenden (einschlagenden) Zungen werden solle, welches letztere den Preis um etwa die Hälfte
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Wilhelm Weber: Compensation der Orgelpfeifen. B. Schott’s Söhne, Mainz, Paris, Antwerpen 1829, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Caecilia206-229.pdf/6&oldid=- (Version vom 31.7.2018)