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I.
Der Neustädter Markt

von der Hauptwache aus aufgenommen 1750. Links erscheint das Eckhaus an der Grossen Meissner Gasse, wo damals im dritten Obergeschoss der Hofmaler Dietrich wohnte. In der Mitte des Platzes steht das von dem Hauptmann L. Wiedemann in Kupfer getriebene und vergoldete, im Jahre 1736 errichtete Reiterstandbild Augusts des Starken, dessen Sockel unvollendet geblieben war und 1884 durch einen neuen ersetzt worden ist. Links am Eingange in die von diesem Fürsten angelegte Hauptallee sieht man das im Abbruch begriffene Gewandhaus mit den Fleischbänken, an dessen Stelle von 1750 bis 1754 das neue Rathhaus erbaut wurde; neben dem Gewandhause weiter in die Allee hinein die Schule, die bis 1851 den Platz des heutigen Hotels zum Kronprinz einnahm; am Ende der Häuserreihe, beim Schwarzen Thore, die in den Jahren 1732 bis 1739 erbaute Kirche, noch ohne Thurm, den sie erst von 1854 bis 1859 erhalten hat. Rechts am Eingange der Allee steht das aus dem Jahre 1527 stammende alte Rathhaus, dessen Abbruch 1755 erfolgte; am Mittelfenster des Obergeschosses hängen die zwei Schandflaschen für zanksüchtige Weiber, die sich jetzt im Museum des Alterthumsvereins befinden. Rechts vom Rathhause eröffnet sich ein Einblick in die Breitegasse (jetzt Kasernenstrasse), an deren Ende die von 1725 bis 1731 erbaute Ritterakademie sichtbar ist. Im Vordergrunde sind Sturmfässer für Feuerlöschzwecke, sowie Trödelbuden aufgestellt. (Oelgemälde in der Königlichen Galerie, Katalog Nr. 612.)




II.
Die Neustadt mit dem Japanischen Palais

von der unterhalb der königlichen Ställe gelegenen Wiese aus aufgenommen 1747. Links zeigt sich das Holländische, später Japanische Palais, vom Feldmarschall Grafen von Flemming durch Jean de Bodt 1715 bis 1717 erbaut, dann von August dem Starken erkauft, zur Aufbewahrung von Kunstschätzen bestimmt und von 1723 bis 1730 erweitert und mit zwei neuen Seitenflügeln und einer Hauptfassade nach dem Platze zu versehen. Rechts im Vordergrunde liegt, von der katholischen Hofkirche überragt, der Zwingerwall und die Bastion Sol oder der Feuerwerksplatz mit dem Ausfallthore, wo nach dem Abbruche der Festungswerke seit 1818 die Calberlasche Zuckersiederei, jetzt Hotel Bellevue, erbaut wurde. (Oelgemälde Nr. 607 in der Königlichen Galerie, jedoch mit der Abweichung, dass die katholische Hofkirche noch von Baugerüsten umgeben ist.)




III.
Die Brühlsche Terrasse

von der Mönchswiese (nicht, wie die Unterschrift des Bildes sagt, Ostrawiese) beim gräflich Hoffmannseggschen Hause aus aufgenommen 1747. Links erblickt man auf der Terrasse, von der Frauenkirche überragt, die gräflich Brühlsche Galerie, später Doublettensaal genannt, zuletzt Ausstellungsgebäude, abgebrochen 1886; weiter nach rechts auf der vorspringenden Ecke den Pavillon, in dem sich von 1828 bis 1833 die polytechnische Schule und sodann Rietschels Bildhauerwerkstatt befand. Rechts davon ragt die Gartenseite des seit 1737 erbauten Brühlschen Palais hervor. Im Vordergrunde am Elbufer beim Wiesenthore hat sich Canaletto selbst, mit Zeichnen beschäftigt, in Gesellschaft der Hofmaler Alexander Thiele und Dietrich dargestellt; in der Nähe steht der durch grossen Leibesumfang bekannte Sopransänger Niccolo Pozzi genannt Niccolini im Gespräch mit dem Leibarzt Philippe de Violante und einem Kammertürken, zu denen noch der Hofnarr Joseph Fröhlich in der ihm eigenthümlichen Tracht hinzutritt. (Oelgemälde Nr. 602 in der Königlichen Galerie.)




IV.
Die Altstadt mit der Elbbrücke

vom Garten des Japanischen Palais aus aufgenommen 1748. Die Brücke, als steinern schon 1287 erwähnt, erscheint hier in der Gestalt, die sie durch den unter August dem Starken in den Jahren 1727 bis 1731 vom Oberlandbaumeister M. D. Pöppelmann ausgeführten Umbau erhalten hatte, wobei die frühere steinerne Zinneneinfassung durch eiserne Geländer ersetzt und das im Jahre 1670 zwei Pfeiler näher nach dem Schlosse zu errichtete Kruzifix auf dem höchsten Pfeiler aufgestellt worden war. Rechts stellt sich die katholische Hofkirche in der vollen Seitenansicht dar, dahinter ein Theil des Schlosses mit dem Thurme und den dreistöckigen Giebeln des Westflügels. Vorn liegen die Reste des beim Bau der Hofkirche abgetragenen Walles nach der Bastion Sol hin, wo man später eine Reihe kleiner Häuser errichtete, die grösstentheils von katholischen Geistlichen bewohnt wurden und auf die man den Namen des beim Kirchenbaue auf dem jetzigen Theaterplatze angelegt gewesenen „Italienischen Dörfchens“ übertragen hat. Links von der Hofkirche erblickt man die Vorderseite des Schlosses, überragt vom Kreuzthurme, sowie das damals noch mit hohem Giebel versehene Fürstenbergsche Haus an der Ecke der Augustusstrasse. (Oelgemälde Nr. 606 in der Königlichen Galerie.)




V.
Der Schlossplatz mit der katholischen Hofkirche

vom Brühlschen Garten aus aufgenommen 1748. Links ist der Nordflügel des Schlosses in der ihm nach dem Brande von 1701 gegebenen Gestalt dargestellt, ohne die früheren Giebel und noch

Empfohlene Zitierweise:
Otto Richter (Archivar): Canaletto-Mappe. Wilhelm Baensch, K. S. Hofverlagsbuchhandlung, Dresden 1895, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Canaletto-Mappe_(Otto_Richter).pdf/6&oldid=- (Version vom 31.7.2018)