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Die Kirche des ehemaligen Cistercienser Nonnenklosters Porta coeli. 265


Ein gedrückter Spitzbogen, wie er dem Übergangsstyle eigen ist, spannt sich über der 21 Fuss breiten äusseren Öffnung des Portalraumes hin; die innere Fläche desselben verengt sich aber stufenweise bis zur Eingangsthür, wo die Öffnung blos 7 Fuss beträgt. Im Bogenfelde über der wagrechten, durch tragsteinartige Vorkragungen gestützten Oberschwelle stellt sich ein bedeutsames Reliefbild dar. In der Mitte des Feldes erblickt man in einer Mandorla die segnende Gestalt des thronenden Erlösers mit dem Buche des Lebens im strengen Mosaikentypus; an die beiden Bogen der Einfassung schmiegen sich die Symbole der vier Evangelisten an, und zwar dem traditionellen Typus entsprechend, oben der Adler und Engel, unten der Ochs und der Löwe. Unter dem Bilde des segnenden Erlösers gewahrt man zwei in knieender Stellung tiefgebeugte Gestalten, welche das Modell einer Kirche halten. Die eine derselben ist eine gekrönte Frau im faltigen Gewande, von deren Haupt und Nacken der Schleier herabwallt; die andere ein bärtiger Mann mit der Krone auf dem Haupte.

Fig. 10.

In der Stellung und im Ausdrucke dieser Gestalten spricht sich die äusserste Demuth und Hingebung aus, mit der sie das Bild des Gotteshauses, das sie gegründet, dem König der Könige darbringen. Ohne allen Zweifel ist hier die Gründerin von Porta coeli, die Königin-Witwe Constanzia und ihr Sohn König Wenzel I. dargestellt. Hinter der Königin ist eine männliche Gestalt im faltenreichen Mantel, und zur Seite des Königs ein Frauenbild sichtbar, dessen Haupt ein Schleier verhüllt, während Hals und Brust von dem die Nonne bezeichnenden Wimpel bedeckt sind. Die Arme beider Personen sind auf gleiche Weise, den Gestus des Gebetes bezeichnend, geöffnet. Ich glaube in diesen Gestalten die Mitbegründer der Porta coeli, Constanzia’s Sohn Přemysl und die Tochter derselben, die Äbtissin Agnes zu erblicken. – Der Reichthum der Sculpturen, welcher über die Leibung des Portals in überreicher Fülle gleichsam ausgegossen ist, macht auf den Beschauer eine mächtige Wirkung. Die Portalwölbung ist von fünf breiten und eben so viel schmäleren Rundstäben ausgefüllt, welche insgesammt mit üppigem Arabeskenschmucke bedeckt erscheinen. Jede der fünf Hauptgurten schmückt ein eigenthümliches Ornament. Akanthusförmige Blätter ziehen sich um die zierlichen Spiralwindungen des ersten Gurtbogens hin; breiter sind die Blätter der zweiten Bogenarabeske gebildet, deren leicht geschwungene Zweige mit zarten Perlen besprengt sind; aus dem offenen Schnabel eines Vogels entspringt, breite Weinblätter bildend, das Ornament des dritten Bogens; im vierten nimmt dasselbe die Form von Kleeblättern an, und im fünften stellt es sich als ein mannigfach verschlungenes Geäste dar, aus dessen Spitzen Blätter und Knospen emporschiessen (Fig. 11). Die fünf zwischen die breiten Bogengurten gelegten Rundstäbe sind gleichförmig mit palmettenartig hervorsprossenden,