Seite:Central-Commission Jahrbuch 03 Die Kirche des ehem. cisterzienser Nonnenkloster Porta Coeli zu Tisnowic.pdf/023

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272 J. E. Wocel.


angebracht. Man ersieht aus dem Ganzen, dass der Künstler mit der zu jener Zeit sich entwickelnden gothischen Constructionsweise zwar vertraut gewesen, dass er es aber nicht gewagt, dieselbe am mächtigen Baue der Kirche mit aller Consequenz anzuwenden, während ihm der niedrige wenig belastete Kreuzgang keine Schwierigkeit zur Durchführung des Strebepfeilersystems darbot. Nicht zu verkennen ist überdies ein gewisses Schwanken zwischen romanischen und gothischen Formen an den Strebepfeilern, wie die Profile derselben Taf. III, a und d, und der Durchschnitt b auf derselben Tafel beweisen. – In der Mitte des von den Arcaden des Umganges eingeschlossenen Hofes befindet sich der Brunnen, dessen Einfassung aber nicht aus der Erbauungsperiode, sondern aus der Zeit der letzten im verflossenen Jahrhundert vorgenommenen Restauration des Klosters herrührt; derselbe soll aber nach der Anordnung der hochsinnigen Frau Kirchenpatronin, Freiin von Schell, in alterthümlicher Form wieder hergestellt werden. Nach der Mittheilung des Herrn Localseelsorgers Dr. Franz Bíly hat die Frau Kirchenpatronin angeordnet, dass der früher arg verwahrloste und als Fabrikslocalität benützte Kreuzgang geräumt, restaurirt und rein kirchlichen Zwecken zugewendet werden solle. Bei der bereits vorgenommenen Reinigung des Umganges wurde ein gothisches bisher vermauertes Portal, welches aus dem mittleren Hofraume in den nördlichen Flügel des Kreuzganges führte, entdeckt und neuerdings durchbrochen. Die aus dem Garten durch das Portal kommende Nonne, bemerkt Dr. Bíly in seiner freundlichen Zuschrift, sah auf der Wand gegenüber dem Eingange auf einer noch vorhandenen Marmortafel die Aufschrift mit Goldlettern:

Vetat Con Cor DIa
Laps VM.

Dieses eben so sinnig gewählte als deutungsvolle Chronograph liess die Äbtissin Concordia Hübner (geb. zu Wien) im Jahre 1761 setzen.

Aus dem Kreuzgange tritt man an der Ostseite in den anstossenden Convents- oder Capitelsaal. Wiewohl dieser Raum durch die daselbst prakticirte Knochenbrennerei

Fig. 28.

furchtbar eingerusst worden, haben sich die herrlichen Architekturformen desselben fast durchgehends wohl erhalten. Acht Wand­pfeiler und zwei freistehende polygone Pfeiler, deren Profil Taf. III, c darstellt, stützen die kräftigen Rippen der Kreuzwölbung, deren entschieden gothische Stylisirung am Profile (Fig. 28) ersichtlich ist. Die Capitäle der Gurtträger sind den zierlichen Säulencapitälen des Umganges analog gebildet. Der Ausgang an der Ostseite war erst in neuerer Zeit im Dienste der Industrie aus einem durchgebro­chenen Rosettenfenster gebildet, die Frau Kirchenpatronin liess denselben jedoch in jüngster Zeit zumauern und das Fenster in seiner ursprünglichen Form wieder herstellen. Zu beiden Seiten des Rundfensters gewahrt man ein vom Rundbogen überhöhtes zugemauertes Fenster, welches aber bald, von seiner Ziegelver­schalung befreit, das Sonnenlicht in die alterthümliche Halle einlassen wird. — An die Ost- wie auch an die Nordseite des Umganges stossen die Flügel des ehemaligen Con­ventes an, zwei Höfe von fast gleicher Dimension mit dem Arcadenhofe des Kreuzumganges einschliessend. Mit dem östlichen Gebäude stand die Wohnung der Äbtissin in Verbindung­,