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Tod gegeben, und wenn man das ewige Leben in diesem abgestorbenen Leibe ahnen muss. Tadelnswerth sind dagegen die allzu berechneten Bilder, die nur ein tiefes Studium der Anatomie verrathen sollen, und die im Tode nur das Widrige auffassen, die Bleifarbe, die Steifigkeit der Glieder etc. Welche schreckliche Leiden man auch dem Leichnam ansieht, so hat er doch siegreich die Leiden überwunden.

Eine Leiche, halbverwest und von Schlangen durchkrochen, kommt als Sinnbild des Todes oft auf ältern deutschen Grabdenkmalen vor. Waagen, Kunst in Deutschland I. 261. Am berühmtesten ist das Grabdenkmal des Landgrafen Wilhelm von Hessen in Marburg, das ihn oben im Harnisch daliegend, unten als von Schlangen zerfressene Leiche zeigt. Fiorillo I. 439. Eben so das Grab eines Herrn von Wöllwarth in Lorch. Auf dem berühmten „Triumph des Todes“ von Orcagna finden drei lebende Könige auf der Jagd drei Königsleichen. Vasari, von Schorn I. 298.

Die sogenannten Magdalenetten oder Reuerinnen (gefallene Mädchen, die sich bekehrten) wurden geschoren und mussten sich als lebendige Leichen hinlegen, eine Todtenmesse über sich lesen und die Todtenglocke läuten lassen. Helyot III. 451. — Die Nonnen eines Klosters am Nil sahen die gegenüberwohnenden Mönche immer nur als Leichen. Aphthonius, der heilige Abt des Klosters, liess, wenn man ihm von jenseits das Zeichen gab, die gestorbenen Nonnen in einem Kahn mit Palmzweigen abholen und diesseits begraben. Leben der Altväter 1725.

Die Leichen der Heiligen werden gewöhnlich erkannt an einem wunderbaren Wohlgeruch, oder es fliesst ein heilendes Oel von ihnen, oder Milch statt des Blutes, oder sie leuchten. Sie schwimmen stromaufwärts, sie können durch keine Gewalt von der Stelle bewegt werden. Sie werden in der Verborgenheit entdeckt durch wunderbare Beleuchtung, durch Anbetung der Thiere etc. Ihre Heiligkeit wird erkannt durch Genesung von Kranken bei ihrer Berührung oder blos in ihrer Nähe. Daher werden die Wunder der Heiligen in

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_020.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)