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geben, wenn er nicht auch böse seyn könnte. Uebrigens habe das Gott nach seiner Weisheit vorausgesehen.“ Aehnlich Basilius in der 9ten Homilie. Der Scholastiker Duns Scotus hob die Nähe hervor, in welcher Lucifer zu Gott gestanden; je gottähnlicher er war, desto stärker war auch für ihn die Versuchung, sich Gott gleich oder an Gottes Stelle zu setzen (nach der musikalischen Regel des Septimenaccordes). Thomas von Aquino hebt hervor: die Engel befinden sich im Stande der Gnade, nicht im Stande der Busse, wie die Menschen; ihre Sünde sey also viel unverzeihlicher, ihr Fall viel tiefer. Zudem könne der Mensch seinen Willen zügeln und anderswohin lenken, der Engel aber müsse ihn in der einmal angenommenen Richtung verfolgen, was ihn nothwendig in’s Extrem führe. Der Mensch sey sterblich und somit zur Aenderung von aussenher berufen; der Engel aber sey unsterblich und mache sich nur selber zu dem, was er werde. Vgl. Baur, Dreieinigkeit II. 770. 782.

Schon der blosse Begriff des Eigenwillens setzt die ganze Folgerung des Diabolismus voraus. So wie neben dem göttlichen noch ein zweiter Wille daseyn darf, wird er ein böser werden, eben um alle Möglichkeiten der Verschiedenheit vom göttlichen Willen zu erschöpfen.

Ein erstes Moment des bösen Willens ist der Trotz, das Unabhängigkeitsstreben, die Lust, allein zu herrschen.

Ein zweites Moment ist die Eitelkeit, die bei Lucifer insbesondere durch die Realität seines erschaffenen Wesens genährt wurde, während Gott ihm gegenüber in seiner ursprünglichen Idealität verharrte. Lucifer hielt sich für um so viel vollkommener, als er körperlicher geworden war; obgleich hier noch an keine irdische Materie zu denken ist.

Daher identificirte noch Jakob Böhme den Lucifer mit der Natur, als dem Aeusseren, im Gegensatz gegen Gott, als das Innere. Das Aeussere aber in seinem härtesten Gegensatz gegen das Innere ist Finsterniss, wie das Innere Licht ist, todte Erstarrung, wie das Innere Leben ist. Daher, glaubt Böhme, musste Gott durch eine neue Schöpfung den

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_046.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)