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der Füsse Christi mit ihren Thränen, das Trocknen derselben mit ihren Haaren und das Attribut des Salbgefässes so genau zusammen, dass die Kirche keinen Anstand nahm, ihre Identität zu beglaubigen.

Magdalena war Trägerin einer grossen Idee und konnte nicht anders aufgefasst werden, ja die Legende musste sogar noch in viel späterer Zeit folgerecht ihre Geschichte weiter entwickeln; denn die Idee ist mächtiger und fruchtbarer, als dass nicht ihr Korn unter der alten Hülse eine neue hervorbringen sollte, ehe es zur vollen Reife gediehen ist. In der heiligen Schrift war klar Sünde und Reue ausgesprochen, die spätere Legende fügte noch die Busse hinzu. Nur eine kleinliche und ideenlose Kritik kann die Legende von der als Einsiedlerin in einer Höhle büssenden Magdalena auf die von der heiligen Maria von Aegypten zurückführen und einen Werth auf diese Entdeckung legen. Für die Idee ist das gleichgültig. Reue und Liebe verlangen die Busse. Magdalena kann nicht anders, als büssen, nachdem sie den Heiland sterben sah am Kreuze.

Albertus Magnus schildert sie als Herrin auf dem prächtigen Schlosse Magdalum in Bethanien in all der Pracht, in der abendländische Dichter des Mittelalters morgenländische Königinnen darzustellen pflegen. Dazu macht er sie zum Inbegriff aller Schönheit, zu einer zweiten Helena. Wie hier ihr Reichthum und ihre Schönheit übertrieben hervortreten, so in der schwedischen Legende, die Mohnike übersetzt hat (Altschwedische Balladen S. 173), ihre sündige Wollust. Hier heisst es nämlich, sie sey eines Morgens zur Quelle gegangen, da sey Jesus ihr begegnet und habe sie um einen Trunk gebeten. Sie antwortet: „Hätte ich nur eine Silberkanne hier.“ Er dagegen spricht: „Wärst du nicht so unrein, ich tränke aus deiner blossen Hand.“ Sie schwört, nie mit einem Mann zu thun gehabt zu haben. Er aber sagt ihr, dass sie mit ihrem Vater, ihrem Bruder und einem Priester drei Kinder erzeugt und in’s Wasser geworfen habe. Wenn sie aber Busse thun wolle, so solle ihr vergeben seyn. Die Busse

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_057.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)