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Aberglauben hingegebenen Heidenthums betrachten, wenn sie dasselbe als Jungfrau, als unschuldig, ja nur als eine ehrbare Frau betrachtet hätten. Ueber die Rolle, welche Magdalena in jenem Bilde spielt, sind alle Lehrer ganz übereinstimmender Meinung. Nur über die Anzahl der Salbungen und der Frauen, welche dieselben verrichtet, sind sie, wie wir gesehen, verschiedener Meinung. Aber Alle, welche von diesen Allegorieen gesprochen haben, d. h. fast alle heiligen Lehrer, stimmen darin überein, dass sie Magdalenen als die Sünderin unter dem Namen Mariens von Bethanien, als das Abbild des abgöttischen Heidenthums betrachten. — Maria hat in der That nicht allein die Unordnungen des Heidenthums in ihrem Sündenleben dargestellt, sondern durch die Salbung, welche sie in Simons Hause am Heilande vornahm, die Huldigungen, welche es, einmal bekehrt, seinem Bräutigam bis an’s Ende der Zeiten darbringen würde; oder vielmehr, wir finden in den verschiedenen Umständen, welche diese Salbung begleiteten, die Geschichte der beiden Völker, die Untreue und Verwerfung der Juden und die Annahme der Heiden ausgedrückt. Auf diese Weise deuten die heiligen Kirchenlehrer das Vorbild. Damit ist zugleich dargethan, wie sie keinen Unterschied zwischen der Sünderin und Marien von Bethanien anerkannten.“

Das Heidenthum wird in Magdalena bezeichnet im Gegensatz gegen das Judenthum, als dessen Vertreter erstens Judas sich über Magdalenens Verschwendung beklagt, indem sie das Salbgefäss zerbricht, und zweitens Martha sich der Werkthätigkeit befleissigt und über Maria’s müssiges Stillsitzen zu Jesu Füssen sich beschwert. „Die geschäftige Martha stellt die Geschäftigkeit des alten Gesetzes vor, dessen Propheten, Priesterthum und Opfer die Welt nur auf die Ankunft des Messias vorbereiten sollten. Dieses Gesetz ehrte Gott durch fleischliche Opfer. So wollte auch Martha durch leibliche Speise den Erlöser erfreuen. Maria, welche zu seinen Füssen sass und in Ehrerbietung seine Worte hörte, war eine würdige Darstellung des neuen Gesetzes. Sie verehrt

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_065.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)