Seite:Christliche Symbolik (Menzel) II 079.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Scene in einem grossen Bilde (Landon, annales IХ. pl. 13.), beging aber die Unschicklichkeit, den vom Himmel zum Schutz des armen Sklaven niedersteigenden Heiligen in vollem Sturz kopfüber aus dem Himmel herabfallen zu lassen. Das ist einer von den vielen Belegen, wie arg die Kirchenmalerei mit den ernsten, würdigen und heiligen Gegenständen umgegangen ist, und wie die Maler nach den barokesten Effekten haschten, ohne mehr zu fühlen, was sie der Kirche schuldig seyen.


St. Margaretha,

(ihr Name bedeutet die Perle), die Tochter eines heidnischen Priesters in Antiochia, wandte sich frühe zum Christenthum, worüber ihr Vater sehr zornig wurde, seinen Hass auf sie warf und sie zwang, auf dem Felde die Schweine zu hüten. Aus ihrer ärmlichen Kleidung aber strahlte ihre Schönheit dermassen hervor, dass Olybrius, ein Feldherr des Kaisers Aurelian, sich in sie verliebte und ihr seine Hand antrug, wenn sie dem christlichen Glauben entsagen wollte. Sie blieb aber standhaft und wurde deshalb in’s Gefängniss gesetzt. Hier erschien ihr der Teufel in Gestalt eines Drachen und verschlang sie; allein indem sie das Kreuzeszeichen machte, zerplatzte der Drache und sie trat wieder heraus. Man wollte sie ersäufen, da kam, weil sie nicht sterben sollte, ohne vorher getauft zu seyn, der heilige Geist selbst in Taubengestalt und drückte ihr den Kopf unter das Wasser. Als sie ihn aber wieder emporhob, konnte sie nicht mehr untersinken und nicht ertrinken. Sie wurde daher enthauptet. 20. Juli. Einige haben sie für die Prinzessin ausgegeben, welche der heilige Georg vom Drachen befreite. Georg aber ist wörtlich der Ackersmann, der die grüne Saat aus der Erde befreit. Auch wo die Heilige in keiner Beziehung zum heiligen Georg steht, erscheint sie auf Kirchenbildern gewöhnlich in einem grünen Mantel und im Volksglauben gilt sie als Schutzheilige aller Geburten, als welche sie auch unter die vierzehn Nothhelfer aufgenommen ist.

Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_079.jpg&oldid=- (Version vom 18.11.2022)