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heiligen Sterben anzuwohnen und sie zu bestatten. Die Legende ist ausführlich enthalten in einem alten Buch de transitu Mariae. Vgl. Binterim, Denkw. V. 1. 427. Dasselbe enthält das altdeutsche Gedicht von Mariä Himmelfahrt in Haupts Zeitschrift VIII. 174.

Mit Recht haben sich die frommen altdeutschen Maler bemüht, im Tode Mariä überhaupt den schönsten Tod, die friedlichste, ruhigste, glücklichste und zugleich edelste Art, zu sterben, auszudrücken. Auch ist es ehrwürdiges Herkommen, die Sterbende mit der brennenden Kerze in der Hand und durch die Apostel mit allen Sterbsakramenten der Kirche versehen, zu malen. Sie liegt dabei immer auf einem Ruhebett unter einem Thronhimmel. Nur ein Bild des Martin Schongauer aus Wettenhausen, jetzt in München, weicht ab, indem es sie im Gebete knieend sterben lässt. Sie trägt hier den weissen Wittwenschleier und zugleich das langwallende Haar der Jungfrauen. Abgebildet in Otte’s Handbuch der Kunstarchäologie zu S. 218. Vgl. v. Rettberg, Briefe S. 81.

Auf vielen alten Kirchenbildern steht am Bette Mariens im Moment ihres Sterbens der Heiland und empfängt ihre unsterbliche Seele, die in Gestalt eines kleinen Kindes aus ihrem Munde kommt. Das ist schon byzantinisch. Vgl. Didron, man. p. 286. So ist der Tod dargestellt auf einem sehr alten Mosaikbild in Maria Maggiori. Bunsen, Beschr. von Rom III. 2. 284. Eben so auf einer Menge von altdeutschen Bildern. – Inzwischen wurde der Leichnam der Gottesmutter von den Aposteln bestattet. Auf ihren Schultern trugen sie sie zu Grabe, fanden aber nachher das Grab offen und voller Blumen (Zeichen der Jungfräulichkeit und Tugend), während die Jungfrau selbst gen Himmel fuhr. Vgl. d. Art. Himmelfahrt. Schon Gregorius Turon., de gloria martyrum I . 4., lehrte, Christus sey am Tage nach ihrer Beerdigung zum zweitenmal vom Himmel herabgekommen, um ihren Leib abzuholen und im Himmel mit der schon vorangegangenen Seele wieder zu vereinigen. Das wurde durch eine Vision der heiligen Elisabeth bestätigt. Vincent. Bellov. spec. hist. VII. 80. –

Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_100.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2022)