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Erst die Manichäer gaben dem Mond eine besondere Bedeutung, indem sie ihn als das Schiff bezeichneten, in welches die Seelen der auf Erden Verstorbenen einsteigen müssen, um in der Sonne abgeladen zu werden. Epiphanius, haeret. 66, 9. Baur, Manichäer 296. Die Sichel- oder volle Form bezeichnete hier die Leere oder Fülle des Schiffes. Mit dem Schiff der Kirche wurde der Halbmond auch in sofern verglichen, als er den Abglanz der Sonne Gottes trägt, auch wenn es in der übrigen Welt Nacht ist.

Die Lunula (der kleine Halbmond) in der Monstranz, die zum unmittelbaren Träger der Hostie dient, verhält sich zu dieser wie der Mond zur Sonne oder auch wie die Mutter zum Sohne, der aus ihr hervorgeht, also wie Maria zu Christus.

Auch Conrad von Megenberg, in seinem Buch der Natur verglich den Mond ausführlich mit der Maria: den Vollmond mit ihrer Schwangerschaft; dass er die Strahlen der Sonne aufnimmt und doch kühlt, mit ihrer Eigenschaft als Fürbitterin und Besänftigerin; dass er uns viel näher steht als die Sonne, mit dem gleichen Näherstehen Mariens etc. – Eine sehr heilige Bedeutung hat der Mond auch in der berühmten Vision der heiligen Juliana. Sie sah nämlich eine Lücke im Vollmond und erkannte daran, dass dem Kalender noch das Fronleichnamsfest fehle. Als Editha mit dem heiligen Adelstan schwanger war, träumte ihr, sie werde einen Mond gebären. Auch auf die heilige Magdalena wurde der Mond bezogen. Schon im 13ten Jahrhundert war es Volksglaube, die Flecken im Monde seyen die Thränen dieser heiligen Büsserin. Berthold, Predigten 145. Das erinnert einigermassen an die manichäische Vorstellung. Nach einem andern, bei Dante erwähnten Volksglauben sind die Mondflecken durch Kain und den Dornbusch gebildet, den er auf dem Bücken trägt. Das ist der Gott missfällige Dornbusch, mit dem er sein Opfer anzündete. Zur Strafe muss er nun ewig im Monde einsam zubringen. Dante’s Hölle 19, 126. Wir halten hier nur die Vorstellung fest, nach

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_136.jpg&oldid=- (Version vom 2.4.2020)