Seite:Christliche Symbolik (Menzel) II 153.jpg

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er kann, contrastirt mit diesem Zaudernden, der noch etwas Anderes zu thun hat, wenn er auch sonst den besten Willen hat. Beide stellen zwei Seiten der christlichen Gemeinde dar.

In dem herrlichen Wort: „Lass die Todten ihre Todten begraben“ liegt aber die edelste Erhebung der Seele über alle irdische Noth und Sorge, es ist der schlagendste Ausdruck des himmlischen Heimwehs, der verächtlichste Blick auf die Kerkerwände dieses Erdenlebens.


Nachtigall.

In einem schönen Hymnus des heiligen Bonaventura (bei Fortlage S. 250) wird die Seele des Frommen mit ihrer Sehnsucht nach dem Himmel einer Nachtigall verglichen, die in der Nacht aus Sehnsucht nach dem Lichte singend stirbt. — Des frommen Wettgesanges einer Nachtigall mit der heiligen Rosa von Lima gedenkt Görres, Mystik I. 474.


Nachtraben

sollen die irrenden Seelen gestorbener Gotteslästerer seyn, welche verdammt sind, immer im Fluge ein Kreuz zu machen und so lange zu fliegen, bis sie am heiligen Grabe in Jerusalem Ruhe gefunden. Dänische Volkssagen von Thiele.


Nacktheit

ist in der christlichen Vorstellungsweise keineswegs das Sinnbild des Unschuldszustandes, sondern vielmehr der Erbsünde, der forterbenden Schuld der ersten Menschen im Paradiese. Daher verlangt die Kirche ein keusches Vermeiden alles Nackten im Leben wie im Bilde, und bildet somit den schärfsten Gegensatz gegen das classische Heidenthum. Wo sie die Nacktheit auf Kirchenbildern duldet, da ist immer die Sünde nicht weit, z. B. bei Pothifars Weib, Bathseba, Susanna. Dagegen verlangt der Teufel zu seinem Cultus Nacktheit,

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_153.jpg&oldid=- (Version vom 8.1.2023)