Seite:Christliche Symbolik (Menzel) II 213.jpg

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der Schlüssel anzuvertrauen und gerade auf ihn seine Kirche zu gründen. Der Sinn ist: Da ihr Alle Menschen seyd und Engel nicht zu seyn vermöget (sind doch auch Engel gefallen!), so wollet ihr Alle, die ihr Christen seyd, Priester und Laien, jenem wahren Menschen Petro gleichen, dann werdet ihr genug gethan haben. Vermöget ihr die Schwächen der Menschen nicht abzulegen, so reiniget euch durch Reue und Busse.

So war Petrus ein ganzer Mensch, voll Fehler, aber doch stets bereit, sich zu bessern, und voll Muth zum Guten. Und so repräsentirt er die gesammte Christenheit, sonderlich der tapfern abendländischen Völker, deren erster Hirt er seyn sollte. Keine himmlische Reinheit ansprechend, war er seiner menschlichen Schwäche bei aller Kraft sich wohl bewusst und demüthigte sich. Daher liegt es auch noch im Geist seiner Kirche, nicht sowohl mit Engelsreinheit zu prahlen, als Sünden zu vergeben.

Im Mittelalter wurde diese menschliche Seite des Apostelfürsten klar erkannt und sinnig hervorgehoben. Seit der Reformation haben sich in einem gewissen eiteln Dünkel Viele von ihm abgewendet, als wenn er blos eine judaistische Auffassung des Christenthums gegenüber der reineren des Paulus vertreten hätte. Ueberhaupt hat man einen Riss zwischen diesen beiden grossen Aposteln gemacht, nachdem die Kirche vorher mit besserm Recht ihre Brüderlichkeit, wechselseitige Ergänzung und Unzertrennlichkeit festgestellt und ihr Gedächtniss am gleichen Tage zu feiern geboten hatte.

Um den Gegensatz zwischen Petrus und Paulus richtig zu würdigen, ist nothwendig, einen andern Gegensatz, den zwischen Petrus und Simon Magus, in’s Auge zu fassen. Indem Petrus die Strenge und Aeusserlichkeit des mosaischen Gesetzes nicht ganz aufgeben wollte, war dies nicht Engherzigkeit oder Verstocktheit, sondern er wurde dazu aufgefordert durch eine Uebertreibung auf der anderen Seite. Die Heidenchristen nämlich theilten sich in solche, die ihre altheidnische Bildung in frommer Hingebung ganz vom christlichen

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 213. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_213.jpg&oldid=- (Version vom 20.1.2023)