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script. rer. Brunsv. III. Hier heisst es, Pilatus sey zu Rom von Kaiser Caligula bedroht und bedrängt worden, habe sich deshalb umgebracht und der Kaiser habe seine Leiche in die Tiber werfen lassen, aber die bösen Geister hätten seine Leiche besessen und im Tiber Ueberschwemmungen und Ungewitter erregt, bis man die Leiche wieder herausgenommen und in die Rhone gebracht habe bei Vienne; als sie aber auch hier Sturm und Ungewitter erregte, habe man sie in die Alpen in irgend einen tiefen Brunnen versenkt. Vgl. Döbeneck, Volksglauben II. 117. Dagegen die Lokalsage von Vienne (Mylius, Reise I. 2. 257.) bemerkt, Caligula habe den Pilatus in einen Thurm gesperrt, in dem er sich gehenkt habe. Der Thurm heisst Pilatusthurm und steht noch. Die Sage von der und dem Tiber, mascul.[WS 1] wiederholt sich in einer alten Freiburger Handschrift. Mone, Schauspiel des Mittelalters I. 59.

Von Gallien verbreitete sich die Sage nach der deutschen Schweiz. Jener Brunnen in den Alpen, wohin die Leiche von Vienne aus versenkt wurde, ist der See auf dem Pilatusberge bei Luzern. Wenn man etwas in diesen See wirft, soll er aufbrausen und ein Ungewitter erzeugen, immer noch die alte Eigenschaft der Leiche, wie im Tiber und Rhone. An den Felsen umher zeigt man Spuren der Teufelsklauen, indem die Teufel des Pilatus Leiche jährlich am Charfreitage in eisernen Ketten aus dem See herausschleppen und auf einen Thron setzen, auf dem er sich die Hände wäscht. Conr. Gessneri descr. montis Pilati. Zürich 1555. Kircheri mundus subterr. VIII. 4. 2. Kornmann, mons Veneris 394. Nieremberg, hist. nat. 432. Berckenmeyer, Antiquit. I. 317. Dass man gerade diesen Berg auswählte, hat einen etymologischen Grund, der Berg heisst pileatus wegen des Nebelhutes, den er zu tragen pflegt. — In einer Romanze von Reithart in den Alpenrosen 1832, S. 320, wird auf eine sehr empfindsame Weise die Seele des armen Pilatus aus dem wüsten Bergsee befreit und steigt zu den Seligen empor; durchaus sagenwidrig.

Man hat eine in lateinischen Hexametern geschriebene

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Berichtigung Band II. In der Vorlage: 'der Tiber'
Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_234.jpg&oldid=- (Version vom 19.3.2023)