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Rahab,

die Buhlerin zu Jericho, die den Juden mit List beistand, sich dieser Stadt zu bemächtigen, daher sie von allen Einwohnern allein verschont und belohnt wurde. Buch Josua 6, 25. Das Vorbild der heiligen Magdalena, h. Afra und anderer Buhlerinnen späterer Zeit, die den weltlichen Lüsten entsagten, Heilige wurden und das Reich Gottes förderten. Dante im 9ten Gesang des Paradieses stellt sie dem Papst gegenüber, welcher, obwohl zur Heiligkeit berufen, unheilig lebe und wirke, während sie, die Verachtete und Verworfene, zu Gottes Ehren ungleich mehr gethan habe. Ihr Attribut ist ein Strick. Kunstbl. 1825, S. 102.


Rahel.

Schon Matthäus (2, 17.) bezog die Stelle des 1. Buches Mosis 35, 19, wo es von der Rahel heisst, sie beweine ihre Kinder, auf den bethlehemitischen Kindermord, und erklärte hier eine alttestamentalische Prophezeihung durch das neue Testament für erfüllt. Aber auch in anderer Weise sah man in Rahel, wie in ihrer Schwester Lea, alttestamentalische Vorbilder. Cyrillus (Glaphyr. in Genesin 4, 135.) vergleicht die Lea mit dem Judenthum, die Rahel aber mit dem Heidenthum, weil in dem letztern das Christenthum tiefere Wurzeln geschlagen und bessere Früchte getragen habe. Ferner bilden sie denselben Gegensatz, wie später Martha und Magdalena. Lea ist die minder schöne, aber brave und nützliche Hausfrau, Rahel ist schöner und geistiger, dem beschaulichen Leben und den Idealen zugewendet. So contrastiren sie als die zwei Hauptrichtungen des Lebens neben der berühmten Mosesstatue des Michel Angelo. Vasari V. 343. Bunsen, Beschr. von Rom III. 2. 235. An den Chorstühlen des Ulmer Münsters hält Lea ein hölzernes Werkzeug (Stössel in’s Butterfass?), Rahel aber eine steinerne Säule. In Dante’s Fegfeuer 27. pflückt

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 260. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_260.jpg&oldid=- (Version vom 21.3.2023)