Seite:Christliche Symbolik (Menzel) II 302.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Die Erbauung von Tadmor (Palmyra). Als Salomo diese Stadt mitten in der Wüste zu bauen beschloss, fand er unterwegs einen Einsiedler, den er frug, warum er sich keine Wohnung gebaut habe. Der Einsiedler antwortete: „Ich wollte es thun, aber als ich Steine nahm, sagten die Steine: Lass uns, wir haben schon Gräber gedeckt. Als ich Bäume fällen wollte, sagten sie: Lass uns, wir sind vom Blut erschlagener Menschen durchdrungen. Als ich Staub sammelte, um Lehm daraus zu kneten, sagte der Staub: Lass mich, ich bin von Todten. Da sah ich, dass wir doch Alle bald sterben, und hielt es nicht der Mühe werth, mir ein Haus zu bauen.“ Allein Salomo liess sich dadurch nicht abhalten, Tadmor zu erbauen, und weil ihm die Ameisen zum Bau der schneeweissen Moschee die weisseste Erde zusammentrugen, nannte er die Stadt nach ihnen (tad, Hügel, mur, Ameise). Auch die Dschinnen halfen am Bau und schleppten die prachtvollen Marmor- und Granitsäulen herbei. Rosenöl I. 189.

Salomo lebte ganz auf dem Fuss eines morgenländischen Despoten, denen er daher auch immer zum Vorbild gedient hat. Er hielt sich an seinem prachtvollen Hofe einen Harem von 700 rechtmässigen Frauen und noch 600 Kebsweiber dazu. 1. B. d. Könige 11, 3. Im Hohenliede 6, 7. sind nur 60 Frauen, nur 80 Kebsweiber, dazu aber noch unzählige Jungfrauen angegeben. Darin jedoch unterschied er sich von fast allen orientalischen Despoten, dass er nicht bloss dem fleischlichen Genusse lebte, sondern auch geistig thätig war als Denker und Dichter, wovon seine Sprüche und sein Buch der Weisheit, so wie sein unübertreffliches Hohelied zeugen.

Als Salomon alt geworden, erzählt die heilige Schrift, habe er in seiner Weisheit nachgelassen und sich dem Einfluss seiner vielen ausländischen Weiber hingegeben, so dass er auch Jehovahs vergessen, oder wenigstens neben demselben auch die Götzen seiner heidnischen Weiber angebetet und ihnen Tempel gegründet habe. Deshalb sey der Herr über ihn ergrimmt worden und habe ihm noch am Ende

Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 302. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_302.jpg&oldid=- (Version vom 26.3.2023)