Seite:Christliche Symbolik (Menzel) II 310.jpg

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Um sich her gründete er eine Prophetenschule zur Befestigung der Hierarchie.

Allein das Volk vermochte sich zur Idee der Theokratie nicht zu erheben; und da es sah, dass Samuels Söhne aus der Art schlugen, Geschenke nahmen und das Recht beugten, trotzten sie dem Vater um der Söhne willen und verlangten statt des regierenden Priestergeschlechts einen König, „wie ihn alle Heiden haben.“ Der Herr sprach zu Samuel: „Thue ihren Willen auf ihre Gefahr, denn sie haben nicht dich, sondern mich verworfen.“ Samuel aber stellte dem Volk noch einmal in einer sarkastischen Rede vor, wie thöricht es handle, den himmlischen Herrn mit einem irdischen zu vertauschen, und sich selbst einen Tyrannen zu setzen, der nur Böses thun werde. (1. B. Sam. 8.)

Inzwischen machte das Volk noch geltend, dass es Krieg mit den Nachbarn zu führen habe und deshalb einen Krieger, keinen Priester zum Haupt haben wolle. So wurde Saul ihr König. Nun trat das irdische Königthum im ganzen grellen Gegensatz gegen die verschmähte Theokratie hervor. Von nun an wird Samuel, der in seiner Person das Hohepriesterthum mit dem Prophetenthum vereinigt, in seinen Kämpfen mit dem Königthum Vorbild jener grossen Päpste und Bischöfe, welche die christliche Kirche rein erhielten und schützten gegen die laxe Observanz und Gewaltthätigkeit der weltlichen Macht.

König Saul trachtete nicht, sein Volk als treuer und demüthiger Diener Jehovahs zu regieren, sondern nach eigener Willkühr. Samuel verlangte, der König wie das Volk sollten dem höchsten Herrn unterworfen bleiben, und seine Gebote halten, wo nicht, so werde er sie für ihre Sünden strafen, und vor Allem für die Sünde, statt Gottes einen Menschen zum König gemacht zu haben. Zur Bestätigung seiner Worte liess Gott donnern und regnen, und das Volk erschrack sehr und gelobte dem Priester Alles, was er verlangt hatte. Diese ergreifende Scene ist, so viel ich weiss, nie von einem bedeutenden Maler aufgefasst worden. — Saul aber trachtete

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 310. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_310.jpg&oldid=- (Version vom 27.3.2023)