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Blumen und Früchte streuend etc.; endlich erwacht auch die menschliche Natur und dankt knieend dem Orpheus. Dieser kehrt in die Himmelskugel, aus der er im Anfang hervorgekommen, zurück, und die menschliche Natur bleibt auf der schönen Erde, im Paradiese. Da kommt Satan und der Neid in Gärtnerstracht und verlockt die menschliche Natur zum Apfelbiss. Sogleich verschwindet das Paradies, die Tage ziehen wieder weiter, aber der erste hält statt der Fackel ein Flammenschwert, der dritte theilt statt der Blumen und Früchte Disteln und Dornen aus. Die menschliche Natur wird in die Hölle geschleppt; da kommt Orpheus wieder und spielt vor dem schrecklichen Charon, dass er ihn einlasse, die menschliche Natur zu befreien. Charon weigert sich, bis Orpheus sich zum Opfer erbietet und sich von Charon tödten lässt. Nun kommen die sieben Tage wieder und jammern, bis plötzlich Orpheus auf einem Schiffe, dessen Mast das Kreuz trägt, wieder erscheint und die befreite menschliche Natur (Euridice) mit sich führt. — Die Schöpfung wurde auch von dem Spanier Azevedo als Epos behandelt. Velasquez, span. Dichtkunst S. 395. Desgleichen von Saluste de Bartas.

In Miltons verlornem Paradiese ist die Schöpfung sehr malerisch aufgefasst, namentlich die Schöpfung der Thiere. Das Krokodil steht zweifelnd da, ob es das Wasser oder die Erde zu seinem Elemente wählen soll. Behemoth, das grösste Thier, reisst sich mühevoll aus dem Schlamme. Die Vögel rauschen auf, ein unzählbares Heer etc. Eben so glücklich ist Haydn in seiner musikalischen Auffassung gewesen, wenn auch ein wenig Spielerei hier mit unterläuft.

Die Schöpfung in Gemälden darzustellen, ist freilich eine schwere Aufgabe, weil sich das Grosse nicht wohl in’s Kleine zusammendrängen lässt. Doch lassen sich einzelne Momente der Schöpfung wohl in ein klares Bild fassen.

Erster Moment: Der Geist Gottes schwebt über der Tiefe. Phantastisches Bild des Engländers Martin. Gott Vater erscheint hier als ein riesenhafter Ossianischer Nebelgeist im Halblicht der Wolken, Vgl. Kunstbl. 1825. S. 238.

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 347. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_347.jpg&oldid=- (Version vom 9.12.2022)