Seite:Christliche Symbolik (Menzel) II 371.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

11. Die europäische Sibylle ist nach dem Volksbuch als Fürstin prächtig gekleidet und hält in der Hand einen Brief. Wo und wann sie lebte, ist ungewiss.

12. Agrippina, die einzige unter den Sibyllen, welche schwarz als Mohrin gemalt wird. Da sie zugleich geistreich und voll Adel ist, erscheint sie als ein sehr poetisches Motiv für Maler. Man gibt ihr ein Purpurkleid und eine Fackel in die Hand. Die Fackel der Sibyllen deutet immer auf ihre Gabe, in das Dunkel der Zukunft hinein zu leuchten. Sie tragen wie der Morgenstern die Fackel dem Helios, so die ihrige dem Heiland voran, den sie verkündigen.

13. Nichaula, eine Königin, soll dem König Salomo von Christo und der Madonna und von der ganzen Weltgeschichte bis zum Weltende geweissagt haben. Sie ist, nur unter anderm Namen, die berühmte Balkis, Königin von Saba. Die älteren Quellen kennen sie nicht. Sie ist mit den beiden vorletzten Sibyllen erst später im Volksbuch „der Sibyllen Weissagung“ zu den ältern zehn hinzugekommen.

Man hat noch zwölf verschiedene Weissagungen der zwölf Sibyllen von Christo. Vgl. Mehring S. 425. Sie dienen als Devisen zu ihren Bildern. Die persische Sibylle spricht: „Es wird ein lieblicher Fürst, von einer jungfräulichen Mutter geboren, auf einem Esel reiten, der allen Gefallenen Heil bringen wird. Nur Er wird die Orakel errathen.“

Die libysche Sibylle spricht: „Tage werden kommen, da der ewige König die fröhliche Saat bestrahlen und alle Sünde von den Menschen hinwegnehmen wird; denn er wird seine Glieder niederlegen in den Schooss der Königin der Welt.“

Die delphische Sibylle spricht: „Wonne wird alle Herzen durchbeben, wenn der herrlichste aller Propheten ohne Mann empfangen und geboren seyn wird. Das ist übernatürlich; doch vermag es auch nur der, der aller Dinge Herr ist.“

Die kimmerische Sibylle spricht: „Eine schöne Jungfrau wird den Herrn der Heerschaaren mit ihrer Milch säugen

Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 371. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_371.jpg&oldid=- (Version vom 9.3.2023)