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Gnade sie erretten kann. In kurzem Auszug die Geschichte der menschlichen Seele überhaupt, denn die Meisten lehrt erst die Noth beten. Zugleich erscheint aber im Gleichniss vom verlornen Sohn die göttliche Gnade im herrlichsten Lichte, ein Verzeihen und Erbarmen, welches hoch erhaben steht über der Missgunst des ältern gerechten Sohnes. Unter diesem gerechten Sohn ist das Judenthum, sind die Bekenner des alten Gesetzes gemeint, deren Treue am Hause Gottes durch Lieblosigkeit befleckt war. Unter dem verlornen Sohn ist dagegen das Heidenthum verstanden, dessen der Herr sich erbarmt. Es ist derselbe Gegensatz wie zwischen Lea und Rahel, Martha und Magdalena. Insbesondere aber wie zwischen dem Pharisäer und barmherzigen Samariter. Denn wer Liebe beweist, ist in Gottes Augen mehr, als wer blos das Gesetz achtet, und Gott liebt den reuigen Sohn mehr, als den, der nie fehlte, aber keine Liebe hat.

Das Leben des verlornen Sohnes wurde oft in Bilderreihen dargestellt als ein Lehrbuch in Bildern für junge Leute zu ihrer Warnung.


Sonne,

Urquell alles sinnlich wahrnehmbaren Lichts, daher Sinnbild jenes Urquells, von dem alles geistige Licht kommt.

Sinnbild Gottes. Gott ist Sonne und Schild. Psalm 84, 12. Die Sonne erhellt alle Finsternisse und weckt überall Leben. Sie scheint über Gute und Böse, omnibus idem.[1] So der Schöpfer und Erhalter aller Wesen. Sie ist zu lichtstark, als dass ein menschliches Auge ihren Glanz ertragen könnte, suo se lumine condit.[2] Wenn sie aufgeht, schwinden alle Sterne, extinguit lumine lumen.[3] Sie hat zuweilen zwei Nebensonnen, est tamen unus,[4] der Eine Gott in drei Personen.

Die Sonnenwirkung ist auch das älteste und vornehmste Sinnbild der unbefleckten Empfängniss. Wie der Sonnenstrahl durch Glas dringt, ohne es zu zerbrechen, so befruchtet Gott den Leib der Maria, ohne Schaden ihrer Jungfräulichkeit:

Anmerkungen (Wikisource)

  1. lat.: allen/ für alle gleich
  2. lat.: sie verbirgt sich durch ihr Licht
  3. lat.: sie löscht das Licht durch das Licht
  4. lat.: ist dennoch eine (einzige)
Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 387. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_387.jpg&oldid=- (Version vom 3.8.2020)