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schönsten Sinnbild die Sichel der heiligen Nothurga. Als die Frau dieser heiligen Leibeigenen dieselbe zwingen wollte, an einem Sonntag Gras zu mähen, hing sie ihre Sichel an einen Sonnenstrahl auf, zum Zeichen, dass Gott selbst an diesem Tage ihre Arbeit nicht wolle.


Sophia,

der griechische Name der Weisheit, personificirt in den Sprichw. Salomonis 8, 22 f., Weisheit Sal. 7, 22 f., Sirach 1, 1 f., 24, 8 f., wo sie zugleich charakterisirt ist, als das Wesen, was zuerst bei Gott war vor allen andern Dingen und was er sodann offenbarte durch den heiligen Geist. Sofern nun der Geist im Hebräischen (ruah) gleichfalls ein Femininum ist, so wurde von den Gnostikern Sophia mit dem heiligen Geist identificirt und als das Urweib genommen, welches Gott, als dem Urmann, beigesellt gewesen, eine Häresie, die ihre Erklärung in den orientalischen, insbesondere indischen Vorstellungen von einem dualistischen, mannweiblichen Weltprincipe findet. Daher auch die Manichäer, wie die Gnostiker, die Sophia in diesem falschen Sinne auffassten, weil auch sie orientalischen Pantheismus in das Christenthum übertrugen. Vgl. Neander, gnostische Systeme S. 212. 232. Baur, manichäische Relig. 219. Dessen Dreieinigkeit I. 157. Die Brahminen in Indien lehren, das höchste Wesen, Brahma, sey zuerst ganz allein in der Welt gewesen, und seine Einbildungskraft sey als die Göttin Maja aus ihm herausgetreten und habe ihm in ihrem geheimnissvollen Schleier die Bilder der künftigen Schöpfung enthüllt. Diese Vorstellung ging offenbar vom Orient in die gnostische Deutung der angeführten salomonischen Stellen über.

Nach der Lehre des Gnostikers Valentinus war Sophia unter allen Aeonen oder göttlichen Urkräften die letzte (der Drang des Wissens), wollte, sich über alle andern Aeonen wegsetzend, unmittelbar in das unerforschliche Wesen Gottes eindringen und mit ihm eins werden, wurde aber für diesen

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 398. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_398.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)