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wird, der alte Tempel Davids aber zerbrechen muss; 2) weil sie, eine keusche, unfruchtbare Jungfrau, dennoch Mutter wurde. — Im Verlauf der Zeiten hat sich eine jüdische und daran anknüpfend eine christliche Legende von diesem wunderbaren Stabe ausgebildet, die ihn unmittelbar aus dem Paradiese herleitet. Der fromme Seth, heisst es, empfing einen Zweig aus dem verlornen Paradiese und erbte ihn fort auf Henoch, Noah, Abraham, Joseph, Moses und Aaron, David und in dessen Geschlecht bis zum jüngern Joseph, dem Manne Maria’s. Vgl. Hofmann, Apokryphen S. 60. Auf Bildern, in denen die Propheten mit der Gottesmutter in Beziehung kommen, hat Aaron immer den blühenden Stab. Vgl. Didron, man. p. 94. 100. 290. An der goldnen Pforte zu Freiberg in Sachsen trägt auch Abraham den sprossenden Stab, als Zeichen, dass aus seiner Nachkommenschaft Maria hervorgehen werde.

Der blühende Stab kommt auch mehreren Heiligen zu, sofern ihre dürren Stäbe grün ausschlugen, um ihre Heiligkeit zu beurkunden. St. Tresanus, Priester zu Avenay in der Champagne im 6ten Jahrhundert, war sehr fromm. Einst schlief er im Freien und steckte seinen Stab neben sich in die Erde. Als er erwachte, war ein grosser Baum daraus erwachsen, unter dem eine Quelle hervorströmte, die gegen Fieber hilft. 7. Februar. Aehnliche Wunder berichtet die Legende vom heiligen Fingar, Melorus etc. Mehr nur der Dichtung gehören die blühenden Lanzen der fränkischen Jungfrauen an, von denen die Kaiserchronik berichtet. Um Rolands Tod zu rächen, zogen diese Jungfrauen mit Karl dem Grossen gegen die Heiden, die da vor ihnen flohen, und als die Jungfrauen ihre Lanzen in die Erde steckten, begannen sie zu grünen und zu blühen. — Das Blühen des Stabes bei einer Wahl kehrt wieder in der Legende vom heiligen Johann, dem Lamme. Derselbe war ein Gutsherr und baute selbst das Feld, als ein Engel in Pilgergestalt ihm verkündete, er sey zum Bischof von Tongern gewählt, 631. Der erstaunte Johann sagte: Gewiss so wenig, als dieser Stab

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 406. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_406.jpg&oldid=- (Version vom 27.3.2023)