Seite:Christliche Symbolik (Menzel) II 428.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Sonne und Mond Platz gefunden, beide zugleich am düstern Horizont ihre glühenden Augen, wie todesmatt, aufzuschlagen. Auf einem zweiten Bilde stellte Martin die Stillung der Gewässer dar, am Morgen nach der Fluth. Kunstblatt 1835. S. 175. 1840. S. 224.

Unter den Bildern der zweiten Gattung steht oben an das von Nik. Poussin in Paris. Es hat engeren Raum, bringt uns daher die Menschen näher; doch bleibt die Landschaft auch hier noch die Hauptsache, der tiefe Wolkenhimmel, von einem Blitz durchzuckt, unheimliche Felsen zur Seite und schon weitergebeugte und halb entwurzelte Bäume. Schon hat der Tod seine meisten Opfer verschlungen. Den Ueberlebenden schwindet die letzte Hoffnung, Einer klammert sich an einen Kahn in dem Augenblick, wo derselbe einem Abgrund zustürzt. Eine Mutter reicht ihr Kind einem Manne, der es nicht erlangen kann, und die Fluth reisst sie hinweg. Bedeutungsvoll kriecht auch die aus ihrem Versteck getriebene Schlange den Berg hinauf.

Noch grässlicher malte Girodet zu Paris (1804). Mit höchster Anstrengung hat ein Mann seinen alten Vater zu einem Baum emporgetragen und hält ihn noch auf dem Rücken, indem er mit einer Hand sich an den Baum klammert und mit der andern sein schon todtmattes Weib mit zwei Kindern nachzieht; da schlägt ein Blitz in den Baum und Alle stürzen in die Fluth (Landon, ann. XIII. pl. 5.). Aehnliche Grässlichkeiten rühmte Vasari (II. 1. 88.) an einem Bilde von Uccello, z. B. ein schon vom Wasser dickgeschwollenes todtes Kind; einen Raben, der einer Leiche die Augen aushackt etc. Geistreich, wenn auch unwahrscheinlich, ist dabei der erbitterte Kampf zweier Reiter mitten im Wasser.

Der Engländer West malte den Moment, wo schon Alles todt ist. Man sieht nur in der Ferne ganz dunkel durch den Regen die Arche. Im Vordergrunde aber hängen noch die Leichen einer ertrunkenen Familie in den Zweigen eines Baumes; bereits schwarzblau und grässlich entstellt und von drei grossen Schlangen umwunden, die sich auf denselben

Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 428. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_428.jpg&oldid=- (Version vom 30.3.2023)