Seite:Christliche Symbolik (Menzel) II 443.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Nr. 296. — Annibal Carracci malte die Flucht nach Aegypten in der Art, dass Tauben der heiligen Familie voranfliegen.

Die Taube ist ferner ein Sinnbild der Seele. Vögel überhaupt wurden als Seelen Verstorbener genommen, die Taube insbesondere aber als die Seele selig Verstorbener. So kommen sie auf den ältesten Christengräbern in den Katakomben vor, und zwar neben dem schon beschriebenen Sinnbild der Taube Noä, die damit nicht verwechselt werden darf. In der Bedeutung von Seligen picken die Tauben nach Fruchtkörben, welche die himmlischen Früchte eines gerechten Wandels auf Erden und die Freuden der Seligkeit darstellen. Aringhi, Roma subt. I. 281. 283. II. 101. Tauben, die an einer Weintraube picken oder an einem Becher, bei Twining pl. 86, bedeuten wohl die Seelen, die durch das Blut Christi selig geworden sind. In den Gräbern der Katakomben ist der Taube oft der Palmzweig zugesellt, als Zeichen der durch den Martyrtod ersiegten Seligkeit. Vier Tauben um eine Palme auf einer Lampe bei Bottari III. tab. 209. scheinen auf den Sieg des Lichts in den vier Evangelien gedeutet werden zu müssen, und haben keine Beziehung auf das Martyrium, das sonst gewöhnlich durch die Palme bezeichnet wird.

In vielen Legenden scheidet die reine Seele des Heiligen in Taubengestalt aus seinem Leichnam. So schwebte die Seele des heiligen Polycarpus aus dem Scheiterhaufen, auf dem er verbrannt worden, zum Himmel auf; desgleichen die Seele der heiligen Eulalia. So schwebte die Taube aus dem Munde der sterbenden h. Scholastica. Aus dem Grabe des h. Adrian, Potitus, Wilhelm etc. Vgl. die Register der Acta SS. sub voce columba. Zum Grabe des h. Medardus flogen zwei Tauben und bald darauf flogen ihrer drei davon, denn die Seele des Heiligen hatte sich zu ihnen gesellt. Viele Tauben mit Blumen im Munde flogen zum sterbenden Alessio Falconieri (Bild des Peter von Cortona), wahrscheinlich Selige,

Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 443. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_443.jpg&oldid=- (Version vom 1.4.2023)