Seite:Christliche Symbolik (Menzel) II 450.jpg

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die Taufe die erste Anwartschaft gegeben wurde. Man hat dabei auch an die Süssigkeit des göttlichen Wortes gedacht, doch liegt obige Erklärung näher. Die Täuflinge trugen vormals auch brennende Kerzen in der Hand, als nunmehr geistig Erleuchtete.

Ausführlicher, als es hier, wo nur von der Symbolik die Rede ist, geschehen konnte, findet man alle Taufceremonien abgehandelt in Binterims Denkw. im ersten Bande, wo auch der kirchlichen Vorkehrungen gegen Missbrauch der Taufe und der häretischen Ausschweifungen und Sonderbarkeiten umständlich gedacht ist. Wir bemerken hier nur: dass 1) sofern nur ein vernunftbegabtes Wesen glaubens- und seligkeitsfähig ist, keine Monstra, thierähnliche Missgeburten etc. getauft werden können. Dass 2) sofern die erste Taufe vor Ertheilung der übrigen Sakramente vollkommen ihrem Zweck entspricht, eine zweite Taufe nicht nur überflüssig, sondern auch gottlos ist. Dass 3) sofern die Taufe eine Einweihung in ein christliches Leben im Diesseits ist, auch keine Todten getauft werden dürfen. Dass endlich 4) Wasser das Hauptelement der Taufe seyn und bleiben muss, dem Salz, Oel, Chrysam, Milch und Honig wohl symbolisch assistiren können, was aber nicht durch irgend einen andern beliebigen Stoff ersetzt werden kann. (Die Manichäer z. B. tauften widerkirchlich mit Oel.)

Um von den Ausschweifungen der Sekten hier nur eine zu erwähnen, so hatten die gnostischen Markosianer den seltsamen Gebrauch, das Tauffest zugleich als Hochzeitsfest zu feiern. Sie bildeten sich nämlich ein, der Täufling werde mit einem unsichtbar anwesenden Engel verheirathet und dadurch Bürger der Engelwelt. Die Täuflinge waren damals meist Erwachsene, und es lässt sich nicht leugnen, dass diese Vermählung mit dem Engel einen gewissen zarten poetischen Reiz gehabt haben mag; allein die Seele kann nur mit Christo vermählt werden, mit keinem andern Wesen, und die gnostische Engellehre ist nur eine versteckte Vielgötterei gewesen. Vgl. Neander, Kirchengesch. I. 539. – Am gröbsten haben

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 450. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_450.jpg&oldid=- (Version vom 23.2.2020)