Seite:Christliche Symbolik (Menzel) II 454.jpg

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Auf ältern Miniaturen und Mosaiken ist Gott Vater nur durch eine Hand angedeutet, die aus den Wolken, oder aus dem dreifachen Kreise (den drei Himmeln, vgl. den Artikel Regenbogen), oder aus einem Kranz von Sternen (Didron, icon. p. 210.) herunterlangt, auf Christum zeigend und zugleich gleichsam die Taube entlassend. Auf spätern Bildern präsentirt sich dagegen oft Gott Vater in voller Herrlichkeit, umringt von den himmlischen Chören. Dadurch wird allerdings die Aufmerksamkeit von der Taufe unten im Jordan abgezogen; allein wenn die Offenbarung des dreieinigen Gottes dargestellt werden will, so darf das Taufbild nicht als blos menschliches Genrebild aufgefasst werden.

Die Taube erscheint in der gewöhnlichen Weise als Symbol des heiligen Geistes mit dem durchkreuzten Nimbus, aus dem Schnabel excentrische Strahlen ausgiessend. Sehr ausnahmsweise giesst sie eine Urne mit Wasser auf Christum aus in einem Basrelief der Königin Theudelinde zu Monza bei Mailand. Millin, Reise in der Lombardei I. 586.

Christus wird bei der Taufe im Jordan auf ältern Bildern nicht nackt, sondern mit dem Königsmantel bedeckt gemalt, weil er hier ein integrirender Theil der sich zum erstenmal offenbarenden Dreieinigkeit ist. Vgl. Didron, man. p. 163, wo jedoch diese Motivirung noch nicht erkannt ist. Auf Bildern der griechischen Kirche steht Christus auf einem viereckigen Stein, aus dessen Seiten vier Schlangen züngeln. Didron, man. XLIV. 164. 165. Die Erklärung der Schlangen fehlt. Die Schlangen können jedoch hier schwerlich etwas Anderes bedeuten, als was die vier Flüsse, die auf andern Bildern so oft aus dem Felsen fliessen, auf welchem Christus steht, nämlich die vier Evangelien oder die vier Cardinaltugenden. Die Schlange scheint hier lediglich in der Bedeutung als Heilsschlange genommen werden zu müssen. – In der neuen Malerei hat man von der Symbolik abstrahirt und vielmehr Charakteristik und physiognomischen Ausdruck in die Bilder gelegt. Daher die zahllosen genreartigen Bilder von der Taufe Christi, in denen vor einem malerischen

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 454. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_454.jpg&oldid=- (Version vom 23.2.2020)