Seite:Christliche Symbolik (Menzel) II 462.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

heidnische Vorwelt, sonst ist im Gottesdienst der Juden schon sehr viel Christliches. Die lang angehaltenen feierlichen Posaunentöne scheinen aus dem Hirtenleben vom Hirtenhorn entlehnt zu seyn. Sie entsprechen dem Schauerlichen und Geheimnissvollen des Allerheiligen und der Stimmung der jüdischen Gemüther, die in der Furcht vor Gott, wie in der Innigkeit des Gebets in eine Tiefe zurückgeht, von der die heidnischen Hymnen noch kaum etwas ahnen lassen.

Austreibung der Käufer aus dem Tempel. Die erste Handlung Jesu, als er in Jerusalem eingezogen, war, dass er zum Tempel ging, „und trieb heraus alle Verkäufer und Käufer und stiess um der Wechsler Tische und die Stühle der Taubenkrämer, und sprach zu ihnen: Es steht geschrieben: Mein Haus soll ein Bethaus heissen, ihr aber habt eine Mördergrube daraus gemacht.“ Matth. 21, 12. 13. Nach Johannes 2, 15. machte er sich eine Geissel aus Stricken und trieb die Verkäufer sammt ihren Schafen und Ochsen hinaus, verschüttete den Wechslern das Geld und stiess ihre Tische um. Die Juden staunten über solche Kühnheit und verlangten ein Zeichen von ihm, dass er Solches thun dürfe. Da sprach er: „Brechet diesen Tempel, und ich will ihn in drei Tagen wieder aufrichten.“ Sie verstanden den Tempel von Stein, er aber meinte seinen Leib.

Die ganze Handlung ist nur sinnbildlich zu verstehen. Im Vorhof des Tempels trieben sich zur Osterzeit die Händler und Wechsler um, weil die von allen Seiten zum Tempel strömenden Juden nicht alle eigne Opferthiere mitbringen konnten und sich hier erst welche kauften. Dieser Schacher war eine Entheiligung des Tempels. Christus wollte aber nicht den alten Judentempel reinigen, sondern trieb alle andern gemeinen Opfer hinaus, weil er selbst jetzt als das erhabenste Opfer in den Tempel einzog. Die Handlung hat zugleich eine Beziehung auf das Sakrament des heiligen Abendmahls. Die Geissel, die er schwang, bedeutet die Geissel der Busse vor; die Händler und Krämer bedeuten die bösen Gedanken, die aus Herz und Sinn hinaus müssen, ehe das heilige

Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 462. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_462.jpg&oldid=- (Version vom 30.3.2023)