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im 16ten Jahrhundert, in lateinischen Hexametern) antwortet die Madonna dem Engel der Verkündigung mit Worten, die nichts weniger als heilige Unschuld athmen:

Conceptusne mihi tandem, partusque futuros
Sancte, refers? mene attactus perferre viriles
Posse putas? etc.

Eben so wird die fromme Hingebung der Magd Gottes zu einer theatralischen Declamation. Sie blickt zu den Sternen empor und bietet sich Gott selber an:

Jam jam vince, fides; vince obsequiosa voluntas,
En adsum : accipio venerans tua jussa, tuumque
Dulce sacrum, Pater omnipotens.

Sofern die Jungfrau durch das Wort Gottes allein, in welchem der heilige Geist wirkte, Mutter geworden war, das Wort aber mit dem Ohr vernommen wird, entstand im Mittelalter die grobsinnliche Vorstellung einer Empfängniss der Jungfrau durch’s Ohr. Ein Hymnus des heiligen Ephremius lautet:

Gaude, virgo, mater Christi,
Qui per aurem concepisti.

Bei den Maroniten ist diese Vorstellung Glaubenssatz.


Versuchung in der Wüste.

Jesus bereitete sich auf sein Lehramt durch Einsamkeit und Fasten in der Wüste vor. Dieses Fasten dauerte nach Matth. 4, 2. vierzig Tage und vierzig Nächte. Man hat dies in Parallele gesetzt mit den vierzig Jahren, welche die Israeliten in der Wüste zubrachten, ehe sie in das gelobte Land kamen.

Nach so langem Fasten hungerte den Gottmenschen und er fühlte tief den Mangel der menschlichen Natur. Dies benutzte Satan, ihn zu versuchen. Er nahte ihm mit einem grossen Stein und sprach höhnisch: „Bist du Gottes Sohn, so brauchst du ja nur diesen Stein in Brodt zu verwandeln, um deinen Hunger zu stillen.“ Da erwiderte der Heiland: „Der Mensch lebt nicht vom Brodt allein, sondern von Gottes

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 519. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_519.jpg&oldid=- (Version vom 29.3.2023)