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oder Altarseiten des Allerheiligsten. Daher die Symbolik der vier Flüsse unter den Füssen des Heilandes. Was die vier Weltgegenden, Elemente, Winde, Jahreszeiten, Weltalter, Weltmonarchien etc. für die Natur- und Profangeschichte, das sind jene heiligen Quadraturen für die Kirche und die heilige Geschichte. In ihnen breitet sich immer Göttliches aus in die Welt. — Auf Kirchenbildern bedeutet ein viereckiger Heiligenschein immer, dass der Heilige, der ihn trägt, noch lebt. Die vier Seiten aber drücken die vier Cardinaltugenden aus. Vgl. Kreuser, Kirchenbau II. 123.

Vierzig ist eine heilige Zahl, weil gewisse wichtige, von Gott verhängte Ereignisse vierzig Tage oder Jahre lang dauerten. So die Sündfluth vierzig Tage, die Wanderung des Volkes Gottes in der Wüste vierzig Jahre, der Aufenthalt Mosis auf dem Sinai vierzig Tage, das Fasten des Elias und des Heilandes eben so lange. Daher die Einsetzung der vierzigtägigen Fasten vor Ostern, früher auch vor Weihnachten. Daher die vierzig Tage der Frauen von der Geburt bis zur Reinigung. Vgl. v. Bohlen, Genesis LXIV. Kreuser, Kirchenbau I. 527. Alt, christlicher Cultus S. 527.

In der gothischen Baukunst hat das Viereck die Bedeutung des Grundsteins, des Festen. Vgl. den Artikel Acht. Das Viereck geht unmittelbar über in die reiche Sternform durch Uebereckstellung eines Vierecks über das andere, was oft beim Grundriss von Pfeilern, wie bei Fensterrosetten vorkommt. In der Ueberwindung der steifen viereckigen Form, in der die gothische Baukunst auf mannigfache Weise sich gefällt, liegt immer der Grundgedanke einer Heiligung der Welt durch die Kirche, einer Ueberwindung des Profanen durch das Heilige. Zu den geistreichsten Motiven dieser Art gehört die Querstellung des kleinen Vierecks im gerade stehenden grossen Viereck (wie das Coeur-Ass im französischen Kartenspiel) mit rundlich-blätterartigen Ornamenten, die sich über jede seiner vier Seiten hinschmiegen. Das ist dasselbe malerische Motiv, welches in der heraldischen Malerei der Schiefstellung des Wappens unter dem geraden Helme

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 525. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_525.jpg&oldid=- (Version vom 29.3.2023)