Seite:Christliche Symbolik (Menzel) I 008.jpg

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Sakramentes selbst verpönt. Wer das Abendmahl unwürdig geniesst, isst es sich zum Gericht. In einem alten Evangelienbuch der Stuttgarter Bibliothek (Bibl.-Nr. 28.) sitzt auf dem Bissen, welchen Judas aus Christi Hand selbst am Abendmahle empfängt, ein kleines schwarzes Teufelchen.

Auch in der Wahl der Zeit für die vornehmste Abendmahlsfeier im Jahre drückte man die Segnung aus, die der irdischen Natur durch Mittheilung der himmlischen geworden war. Die Hauptfeier des Abendmahls blieb immer Ostern, die Zeit, in welcher der Heiland selbst das Abendmahl eingesetzt, also der grüne Donnerstag, als der Abend vor dem Charfreitage, an dem er den Opfertod für die Menschheit gelitten hatte. Diese Zeit fällt aber genau mit der ältern heidnischen Frühlingsfeier zusammen, in welcher die Auferstehung der Natur aus dem winterlichen Tode gefeiert wurde. Begreiflicherweise musste nun Manches von der Symbolik jenes alten Naturfestes auf das christliche Osterfest übertragen werden, so weit es eben die Idee der Auferstehung vom Tode oder der Befruchtung der todten Erde durch Keime des Himmels und durch die Einwirkung eines segnenden Sonnenlichts ausdrückte. Unbeschadet des viel tiefern christlichen Sinnes konnten bezeichnende und edle Sinnbilder der heidnischen Feier beibehalten werden, und es ist dabei auch nicht entfernt an ein verstecktes Heidenthum im Christenthum zu denken, wie die modernen Feinde Christi so gern voraussetzen. Wenn man die Auferstehung der Natur aus dem Grabe des Winters, die Ausstrahlung des Lichts aus der steigenden Sonne nach der langen Winternacht zum Sinnbilde des Segens wählte, der den sündigen Menschen durch Mittheilung der himmlischen Seelennahrung und des himmlischen Lichts geworden war, so konnte man in der That kein natürlicheres und passenderes Sinnbild wählen; aber nur eine völlig unverständige oder böswillige Auslegung kann vorgeben, man hätte in Christo immer noch den alten Sonnengott verehrt, der als Dionysos, Osiris, Adonis etc. im Herbste stirbt und im Frühjahr wieder aufersteht. Das Himmelszeichen des Widders, in das Ostern

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_008.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)