Seite:Christliche Symbolik (Menzel) I 010.jpg

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Jedem, dem er das Abendmahl ertheilte, den Friedenskuss. In der katholischen Kirche ist die Consecration der Hostie und des Weins, wodurch die Transsubstantiation bewirkt wird, von der Bekreuzigung begleitet. In der unirten preussischen Kirche blieb die Bekreuzigung, die Reformirten lassen sie ganz weg. Dann folgt in der katholischen Kirche die Erhebung und Anbetung des bereits verwandelten Heiligthums (elevatio und adoratio), wobei ein Glöckchen erklingt und alle Gläubigen auf die Kniee fallen. Diese Anbetung verwerfen die Protestanten, weil Luther die Verwandlung nur im Genusse selbst anerkennt, nicht vorher und nachher. Nach allgemeinem Gebrauche empfängt das männliche Geschlecht das Sakrament zuerst, das weibliche erst nachher; weshalb auch bei den hauptsächlich in Spanien üblichen Prozessionen, bei denen das Sakrament herumgetragen wird, die Männer vor, die Frauen hinter der Hostie gehen. Man empfängt das Sakrament knieend oder auch stehend, worin der Gebrauch wechselt. Das Brodt war ursprünglich einfaches Brodt, doch kam man überein, dass es Waizenbrodt und immer weiss seyn müsse. Das farbige und andere Getreidearten wurden davon ausgeschlossen. Die griechische Kirche behielt gemeines gesäuertes Brodt, die römische wählte ungesäuertes, weil Christus selbst nach altjüdischem Gebrauche ungesäuertes ausgetheilt haben musste. Die Griechen wollten aber so wenig als möglich mit den Juden gemein haben. Anfangs brach man das Brodt, und zwar in drei Theile, in deren Mitte man den Kelch stellte. Die Reformirten, die das gemeine Brodt wieder einführten, brachen es auch wieder. Die Katholiken behielten, als sie das Brodt in die kleine Form der Hostie verwandelt hatten, das Brechen derselben bei. Luther dagegen behielt zwar die Hostie, brach sie aber nicht mehr. – Der Wein wurde nach orientalischer Sitte immer mit Wasser gemischt; nur die Armenier und später auch Luther verwarfen das Wasser und nahmen reinen Wein. Die griechische Kirche dachte bei der Vermischung des Weins mit dem Wasser an die des Heilands mit der Gemeinde, und sah in den drei Bestandtheilen des Sakraments die Dreieinigkeit wiederholt.

Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_010.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)