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Ostercultus stammt, nur eine wöchentliche Wiederholung desselben ist, weil Christus an einem Sonntage auferstanden ist. Nur deshalb musste Ostern auch ein bewegliches Fest werden, weil die Kirche nicht davon abgehen kann, das jährliche Auferstehungsfest an einem Sonntage zu feiern. Vgl. den Artikel Ostern.

Alttestamentalisches Vorbild der Auferstehung der Menschen überhaupt ist das Herausgehen Noah’s aus der Arche, die schon erwähnte Vision Ezechiels, entsprechend der Schilderung des letzten Gerichts in der Offenbarung Johannis. Vorbild der Auferstehung des Heilands insbesondere ist das Aufbrechen des Löwenrachen durch Simson, die Rettung des Propheten Joans aus dem Fische, in dem er drei Tage gefangen lag, wie Christus drei Tage lang im Grabe. Auch die Erweckung des Lazarus gilt als ein Bild der Auferstehung überhaupt.

Das grosse Auferstehungsfest des Christen ist Ostern. Der Siegesfreude des Ostermorgens geht aber die Klage des Charfreitags vorher. In der Zeit, in welcher Christus im Grabe weilte, tritt er in nächste Beziehung zum Tode wie zur Hölle. Daher die schon im Artikel Adam berührte Vorstellung von der Erlösung der Patriarchen aus der Vorhölle. Aber noch wichtiger als diese zarte Rücksicht auf die Urväter muss der Sieg über Tod und Hölle überhaupt erscheinen.

Die Auferstehung wurde im christlichen Mittelalter sehr häufig als geistliches Schauspiel in Verbindung mit den Passionsspielen zur Osterzeit in den Kirchen oder auf freien Plätzen dargestellt. Die geistvollste Dichtung dieser Art ist eine niederdeutsche, im zweiten Bande der Schauspiele des Mittelalters von Mone abgedruckt. Der ohnmächtige und misshandelte Christus steht hier allein der gesammten Macht und List der Erde und Hölle gegenüber, um endlich über beide zu triumphiren, den sündigen Menschen gnädig zu verzeihen, die Mächte der Hölle aber zu fesseln. Dieser schöne Gedanke ist auf’s Feinste durchgeführt. Roher ist die Auffassung in einem andern, etwas spätern Stück derselben

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_089.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)