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Seele des gesammten Lichts, feiere seine immerwährende Auferstehung aus dem Grabe in dem Emporwachsen der Pflanzen aus der Erde. Christum quotidie nasci, quotidie mori. Evorius, de fide I. 36. Omnes arbores crucem esse dictitis. Aug. cont. Faust. XXI. 9. Daher assen die Manichäer nur Pflanzenstoffe, um den Lichtkeim in sich aufzunehmen. Vgl. auch Jakob Böhmes Aurora 24, 7. Die beste und erlaubteste christliche Anwendung von diesem heidnischen Gedanken macht der Volksglaube, demzufolge am Sebastianstage (20. Januar) aller vorher starrer Saft wieder in den Bäumen emporsteige. An diesem Tage soll der Heilige, an einen Baum gebunden, verblutet seyn und sein Blut soll den Saft erwärmt haben oder selber ihm zum Safte geworden seyn, anzudeuten, dass ohne das Blut (des Heilandes und der Martyrer) der Lebensbaum der Kirche nicht hätte wachsen können, und zur Mahnung, dass wir an jedem Jahresanfang, wenn der Saft wieder in die Bäume tritt, um uns den irdischen Frühling zu bringen, jenes Erlösungswerkes eingedenk seyn sollen, das uns den himmlischen bringt. Sehr merkwürdig ist in einem Bamberger Evangelienbuch der Münchener Bibliothek ein Bild Christi, wie er auf dem Baume des Lebens sitzt, sich mit der Hand an einem Ast desselben und mit der andern eine Weltkugel hält. E. Förster, deutsche Kunst I. 71.

Man findet auch den Lebens- und Todesbaum verschmolzen. So in einem von Furtmayr gemalten Missale (Förster, d. K. II. 259), wo derselbe Baum zugleich Aepfel und Hostien trägt. Ein anderer in einer Skulptur der Kathedrale zu Trier trägt Knospen, aus deren auseinandertretenden Hülsen rechts Engelsköpfe, links Todtenköpfe hervorwachsen. Didron, annales XII. p. 168.

Der dürre Baum oder Stab, der plötzlich wieder grünt und blüht, ist das Sinnbild des Ueberganges aus dem Tode in’s Leben, daher auch an den Weihnachtscultus geknüpft. Sehr weit verbreitet war in Deutschland der Aberglaube, dass in der Mitternachtsstunde der Christnacht die Apfelbäume blühen und Früchte tragen, dann aber wieder dürr

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_118.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)