Seite:Christliche Symbolik (Menzel) I 180.jpg

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nur in seiner vollen Schönheit auszuführen haben. Dieser Typus ist allein fähig, in Harmonie zu bringen, was jede andere Darstellungsweise nur einseitig herausgreift, die wunderbaren Gegensätze, die in Christo vereinbart sind: Gottheit und Menschheit, Allmacht und Demuth, höchste Weisheit und kindliche Einfalt, der Held und das Opfer, der Richter und der Gerichtete.

Heilige Ruhe bleibt immer der Hauptausdruck für Christusbilder. Diese schliesst sowohl den übertriebenen Ausdruck körperlichen Schmerzes, als leidenschaftlicher Erzürnung aus; desgleichen auch jede gewaltsame Bewegung oder unnatürliche Krümmung, Verdrehung und Verkürzung des Leibes, worin sich die Maler in Bildern der Kreuzabnahme und Grablegung so sehr gefallen haben. Es ziemt sich nirgends, mit dem höchsten Gegenstand der Anbetung solche künstlerische Spielerei zu treiben. Hierin hat die griechische Kunst weit mehr frommen Tact bewiesen, als die abendländische. Doch hat sie in sklavischem Einhalten des Typus die herkömmlichen Züge desselben geist-, ja leblos wiederholt, bis zur Hässlichkeit.

Sehr achtbar erscheint die tiefsinnige Bemühung der altniederländischen Malerschule, die Ruhe der Christusköpfe nach dem alten Typus von den Augen aus zu beleben und in diese letztern eine wunderbare Gluth der Seele zu legen.

Das Haar des Heilands ist dunkel, jedoch nicht schwarz, mehr dunkelbraun. Auf Miniaturen des 9ten Jahrhunderts ist es ausnahmsweise röthlich. Waagen, Paris 245. Es ist lang, fällt bis auf die Achseln herab, aber schlicht ohne zu viel Gelock. Dagegen erscheint es an Danneckers berühmtem Christus zu glatt und gelockt. Der Bart ist kurz und ein wenig gespalten. Der Nimbus ist verschiedenartig, ursprünglich das Kreuz im Kreise, welches allen drei Personen der Gottheit zukommt, häufig aber so gestellt, dass etwa nur der Kreis oder nur das Kreuz übrig bleibt; von letzterem treten meist nur drei Arme hervor als Strahlenbüschel über Stirne und Schläfen. Vgl. den Art. Nimbus.

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_180.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)