Seite:Christliche Symbolik (Menzel) I 287.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

unterscheiden, wie sich der Fisch von den übrigen Thieren unterscheidet, sofern der Fluch, der in der Sündfluth alle Thiere traf, nur die im Wasser lebenden Fische verschonte. Durandi, rat. offic. VI. 7. 22. Vgl. Richter, Ichthyotheologie S. 225. Aus demselben Grunde ist das Wasser geheiligt zur Taufe, und ist es erlaubt, in der Fastenzeit Fische zu essen, während das Fleisch aller andern Thiere verboten ist. Wenn Christus nach Matth. 4, 19, Mark. 1, 17. zu Petrus und Andreas sagt, indem er sie vom gemeinen Fischfang zum Apostelamt abruft: „Ich will euch zu Menschenfischern machen,“ so heisst das so viel, als: Ihr sollt die Menschen zum Christenthum bekehren. Wenn er nach Lukas 5, 2. 7. bewirkt, dass Petrus, der die ganze Nacht vergeblich gefischt hat, plötzlich das Netz übervoll bekommt, so weist auch dieses Gleichniss nur auf das rasche Anwachsen des Christenthums hin. Derselben Symbolik gehört die Vergleichung des Taufbeckens mit einem Fischbehälter (piscina) an. Vgl. noch Münter, christl. Sinnbilder I. 48 f.

Piper in seiner Mythologie I. 390. glaubt den Fisch nur überhaupt mit der menschlichen Seele vergleichen zu müssen, die einerseits zum Christenthum bekehrt, also gleichsam vom Apostel gefischt, andererseits aber auch von der Sünde verführt und gerade vom Christenthum abwendig gemacht werden kann. So wenigstens deutet er die Sirenenbilder mit einem Fisch in der Hand, die sich öfters in alten Kirchen vorfinden. Kreuser dagegen in seinem Kirchenbau, II. 46, hält das specifisch Christliche im Fischsymbol fest und glaubt daher in jenen Sirenen eine Allegorie nicht der Verführung zur Sünde, sondern der Wiedergeburt erkennen zu müssen. Ich theile die Ansicht des Letztern. Piper hält die mehrfach vorkommenden Doppelbilder, in denen eine ihr Kind säugende oder einen Fisch haltende Sirene einem menschenfressenden Krokodill entgegengesetzt wird (das erstere z. B. im grossen Münster zu Zürich, das andere im Schottenkloster in Regensburg), für „Lockung und Gewalt“, als wenn die Sirene mit List verführte, das Krokodil mit Gewalt verderbte. Allein

Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 287. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_287.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)