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Auch Heilige lassen in den Legenden häufig die Spuren ihrer Füsse zurück, zum Zeichen der grossen Gefahr, der sie durch ihre Heiligkeit entgangen sind, indem sie über einen Fluss oder weiten Abgrund sicher hinübergeschritten oder zur Beurkundung der Wahrheit, zur Beschämung ihrer Feinde. Doch dürften viele solche Reliquien aus älterer Heidenzeit herstammen und nur christianisirt worden seyn; denn es ist kein Zweifel, dass auch schon die Heiden in Stein eingeprägte Fussspuren ihrer auf Erden wandernden Götter verehrt heben. Wenn die Fusstapfen Christi, die an verschiedenen Orten im heiligen Lande gezeigt werden, ferner die, welche er bei einem Besuch des Petrus in Rom, bei einem Besuch der heiligen Katharina zu Siena etc. eingedrückt haben soll, und die dort noch gezeigt werden (vgl. Ritter, Vorhalle 340, Keyssler, Reise 410. 613.), in den Grenzen der reinen Legende auch einen specifisch christlichen Charakter tragen, so verrathen dagegen andere einen heidnischen Beischmack, z. B. die Fusstapfen, die der Heiland zurückgelassen haben soll, indem er, von Feinden verfolgt, von einem Berg auf den andern sprang, Montevilla 82, oder indem er durch einen Berg hindurchging, der sich vor ihm öffnete, Nieremberg, hist. nat. p. 466; oder indem er den Teufel in einen Abgrund stürzte, was bei Henneberg geschehen seyn soll. Preusker, Blicke in die Vorzeit III. 163. Auch noch andere sogenannte Herrgottstritte kommen weit entfernt vom heiligen Lande vor, z. B. der am Rosenstein in der schwäbischen Alb, Crusius, schwäb. Chron. II. 428; der in der Stubnitz auf Rügen, Temme, pommer. Sagen Nr. 276; bei Selb unfern von Eger in Böhmen, Helfrecht, Fichtelgeb. 219. Der Eselsprung bei Liebenstein; Christus soll, auf dem Esel reitend, von einem Berge herabgesprungen seyn. Thüringen und der Harz VIII. 146. Denselben heidnischen Charakter tragen auch die verschiedenen Rittersprünge, z. B. der des heiligen Georg bei Steinen, Ziehnert, sächs. Volkss. II. 3, und an der Donau, Hormayr, Taschenb. 1822, S. 258; der des heiligen Magnus bei Füssen in Tirol, Weber, Tyrol I. 217; der des

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 306. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_306.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)