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Jahre 1522 in den Beschwerden beim deutschen Reichstage zu erkennen gab, bezog sich auf die Missbräuche der Pathengeschenke, aus denen verdorbene Bischöfe und Priester einen Tribut gemacht hatten.

Liegt nun auch in der Symbolik der kirchlichen Glockenweihe nichts, was den Glauben an eine Persönlichkeit der Glocken voraussetzen und als Superstition bezeichnen liesse, so fasste doch der poetische Volksglaube jenes Persönliche auf. Wahrscheinlich gab die Furcht der Heiden vor den Glocken die erste sehr unschuldige Veranlassung dazu. Wo die ersten Kirchenglocken durch die Wälder des heidnischen Deutschland, England, Skandinavien tönten, glaubten die erschrockenen Heiden die Stimme eines neuen unbekannten Gottes zu hören, vor dem ihre alten Heimathsgötter fliehen müssten. Der allgemeine Glaube im nördlichen Europa, dass durch den Ton der Glocken die Teufel und insonderheit auch die Gewitter, Hagel etc. vertrieben würden, stammt ohne Zweifel daher. Der heidnische Donnergott (Thor) war vom Volk am meisten verehrt, als der mächtigste; aber auch er musste mit seiner Donnerstimme der Glockenstimme des Christengottes oder seiner Engel weichen. Wahrscheinlich wurden die ersten Gewitterglocken geläutet, um die Neubekehrten von der Angst zu befreien, Thor nahe im schrecklichen Gewitter, um sich an ihnen wegen ihrer Bekehrung zu rächen. In viel spätern Zeiten hegten die heidnischen Indianer in Peru, als sie die ersten Glocken der spanischen Einwanderer hörten, vor denselben die nämliche Furcht. Vgl. Allg. Historie der Reisen IX. 26. Auf der grossen Glocke zu Erfurt steht geschrieben: Ich heisse Susanna und treibe die Teufel von danna. Auf einer in Stuttgart: Osanna heiss ich, der böse Feind flieht mich. In Otte's Kunstarchäol. 89 f. sind viele ähnliche Inschriften erwähnt: Fulgura frangonoxia frangoCampana depellat singula vana etc. Das schwäbische Sprichwort: „Katharina und Susein treiben die Wetter über den Rhein“ bezieht sich gleichfalls auf die Glocken. Klunzinger in seiner Geschichte d. Zabergaus S. 61

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 340. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_340.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)