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Jerusalem, welches zerstört werden soll, muss dem Einzug in das himmlische Jerusalem vorhergehen. Oefter findet sich auch auf jenen altchristlichen Gräbern die Palme des Sieges, der Anker der Hoffnung, das Lamm, das der Welt Sünde trägt, die Friedenstaube mit dem Oelzweig, der Phönix, der sich in Flammen verjüngt. Am schönsten ist der Lebensbaum, Christus und Maria zur Seite, beide mit den Frühlingssymbolen. Vgl. den Art. Baum.

Erst viel später wichen die Sinnbilder der Hoffnung denen der Furcht, indem man an die Kirchhofsmauern sogenannte Todtentänze oder Scenen aus dem Fegefeuer malte, Bilder, in denen der Tod als scheussliches Gerippe mit den Lebendigen, oder der Teufel in den Flammen mit den Verdammten sein Spiel trieb. Damals brachte man auch zuweilen an Grabdenkmälern das abschreckende Bild eines verfaulten und von Schlangen durchkrochenen Leichnams an, um den in weltliche Lust versunkenen Menschen vor Augen zu stellen, was aus ihrem üppigen Leibe dereinst werden müsse. So am Grabe des Landgrafen Wilhelm von Hessen, der Herren von Wöllwarth in Lorch etc.

Noch verwerflicher sind die modernen Sinnbilder, die man zum Theil dem Heidenthum entlehnt hat: der Tod mit der Sense (Nachbild des Saturnus), die Genien mit gesenkten Fackeln, die ägyptischen Pyramiden, die Urnen und Aschenkrüge, die Schmetterlinge (als Sinnbilder der Seele), Mohn (Sinnbild des Schlafes); oder die blosse Spiele des Witzes sind, z. B. Genien, welche Seifenblasen machen (als Sinnbilder der Vergänglichkeit).

Die Demuth vor Gott verlangt, dass Gräber einfach und bescheiden seyen. Menschliche Hoffahrt, Geldstolz, Mode sollten sich wenigstens nicht auf Kirchhöfen geltend machen wollen. Unsere Kirchhöfe bestehen aber meist aus Wäldern von antiken Tempelchen, Obelisken, Pyramiden, Säulen von der verschiedensten Grösse und Form mit pomphaften und affectirten Goldinschriften. Diesem Unfug gegenüber ist die Herrnhuter Sitte, alle Todten nur unter gleichförmigen platten

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 355. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_355.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)