Seite:Christliche Symbolik (Menzel) I 376.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Virginität (Jungfräulichkeit im höhern Sinne), als Grundbedingung aller folgenden Gaben; 4) der persönliche Umgang mit den höchsten Personen der Gottheit, der heiligen Jungfrau, den Engeln und Heiligen, durch deren Erscheinungen, eine Auserwählung gleich der apostolischen, jedoch zweiten Grades; 5) die Wundergabe, durch welche der Heilige über die gewöhnlichen Naturgesetze gestellt wird; 6) das Patronatsrecht, die Macht des Schutzheiligen; 7) das Recht der Fürbitte für die Menschen bei Gott.

Dass die Engel im Cultus ein wenig hinter die menschlichen Heiligen zurücktreten, hatte einen guten Grund. Die Engellehre der Gnostiker drohte das Christenthum in heidnischen Pantheismus aufzulösen. Die Kirche musste hier Uebertreibungen entgegentreten. Zudem stehen die Heiligen als Menschen in einem innigen Verhältniss zum Menschensohne, und ihr Wirken ist inniger in den welthistorischen Aufbau der Kirche verwebt. Daher das Patronat der Heiligen in allen Beziehungen, in denen der Mensch im objectiven Daseyn seiner Zeit aufgeht, während nur das Subjectivste seines Individuums den Schutzengeln anheimgegeben bleibt. Mit dieser Einschränkung wird der heidnische Pantheismus aus der Engellehre am sichersten ausgeschlossen.

Das innigere Verhältniss jedes Heiligen zu Christo und die auch noch seinen irdischen Ueberresten inwohnende Wundergabe und Heilkraft bedingte und förderte den Gebrauch, jede Kirche durch Niederlegung einer Reliquie in den Altar zu segnen. Weil aber auch in dieser Beziehung frommer Uebertreibung begegnet werden musste, wurde in den mittlern Zeiten dringend nöthig, dem Papst das Recht der Heiligsprechung (Canonisation) vorzubehalten.

Wie die Hauptfeste des Heilands selbst in ihrer jährlichen Wiederkehr genau auf die Tage fallen, deren Verhältniss zur Jahreszeit und zum Sonnenlauf in symbolischer Beziehung zum Geisteslicht, zum geistigen Frühling und zur geistigen Wiedergeburt stehen, ganz derselben Symbolik gemäss sind auch die Namen der Maria, der Apostel und

Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 376. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_376.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)