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um die Hostie darin einzuschliessen. Ein Herz, das eine grosse Menge kleinerer Herzen einschliesst, ist Sinnbild der christlichen Gemeinde.

Das sich öffnende Herz wurde gleich der Seitenwunde des Heilands von den Dichtern vielfach zu Vergleichungen gebraucht, als Bett, worin der Gläubige ruht, als Höhle, wohin der Verfolgte flüchtet, als Hafen, wo der Irrende landet etc., und wurde damit von den Jesuiten und Herrnhutern nicht selten eine geschmacklose Spielerei getrieben. Die fromme Sehnsucht nach Christo, an sich rührend, wird doch unschicklich, wenn sie dem allerheiligsten Körper so gar nahe kommen will.

In den Legenden frommer Nonnen kommt vor, dass Christus sein Herz mit dem ihrigen vertauscht. Dies widerfuhr der blinden heiligen Luitgarde, der heiligen Katharina von Siena. Johanna von Valois, Gemahlin Ludwigs XII., wollte ihr Herz Christo geben, fand es aber nicht mehr, weil es schon bei ihm war. Acta SS. 4. Februar. Im Herzen der heiligen Brigitta von Schweden fand man ein Kreuz, in dem des heiligen Paula ein Crucifix, des heiligen Ignatius den Namen, in dem der heiligen Clara das Bild, der heiligen Therese das Leiden, der heiligen Gertrud das Brandmaal eines Strahls vom Kreuze Christi; in dem der Magdalena de Pazzis die Worte: Verbum caro factum est, in dem der Margaretha von Tiferno die Bilder des Heilands, seiner Mutter und Josephs. Acta SS. April II. 192.

Auch das Herz der Gottesmutter wird verehrt und gewöhnlich dargestellt durchbohrt von sieben Schwertern, wodurch die sieben Schmerzen der Maria bezeichnet werden.

Als Attribut der Heiligen hat das Herz gewöhnlich nur die Bedeutung feuriger Gottesliebe. So trägt der heilige Ignatius und die heilige Therese ein brennendes Herz in der Hand. Von der heiligen Ursula Bonicasa meldet die Legende, schon bei Lebzeiten sey ihr das Herz aus Liebe verbrannt. P. Abraham, Judas III. 139. Görres, Mystik II. 31. Magdalena de Pazzis trägt ein strahlendes Herz in der Hand;

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 389. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_389.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)