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Ueber die Himmelfahrt der Maria war die Kunst anfänglich in Ungewissheit. Auf ältern Bildern geht gewöhnlich aus dem Munde der sterbenden Maria ihre Seele in Gestalt eines kleinen Kindes hervor, welches Christus in Empfang nimmt, um es gen Himmel zu tragen. Erst auf spätern Bildern wird der auferstandene Leib Maria's selber von Engeln gen Himmel getragen. Hieronymus zweifelte, ob die Seele, ob der Leib gen Himmel gefahren sey; Augustinus erklärte sich dafür, dass zuerst die Seele, dann erst der Leib erhoben worden sey. Durandus (rat. offic. VII. 24.) sagt: Melius est pie dubitare, quam aliquid circa hoc temere diffinire; pie tamen credendum est, eam totaliter fuisse assumptam. — Auf den Kirchenbildern schwebt die heilige Jungfrau auf Wolken getragen gen Himmel, gewöhnlich von Engeln begleitet, zuweilen zu dem oben sich öffnenden Himmel emporblickend und die Arme gegen Sohn und Vater ausbreitend, oder demuthsvoll die Arme an die Brust legend und niederblickend, oder der Erde ein mitleidsvolles Lebewohl sagend. Dieses Mitleid legte Murillo in ihren Blick. v. Quandt, Reise in Spanien S. 169. Gräfin Hahn-Hahn, Reisebriefe II. 176. — Zu St. Denis ist Maria, indem sie gen Himmel fährt, so nackt wie eine Venus dargestellt. Didron, icon. 288. Zum Beweis, wie weit die antikisirende Richtung die kirchliche Bildnerei irre führte.

Bei der Himmelfahrt Mariä sind die Apostel zugegen, wie bei der ihres Sohnes. Nach der Legende füllte sich ihr leerer Sarg mit Blumen (den Sinnbildern ihrer Tugenden), indess ihr verklärter Leib gen Himmel fuhr. Sehr oft gemalt, am reizendsten in den Glasfenstern zu Bourges, wo die Blumen unten wie Edelsteine funkeln. — An die Feier der Himmelfahrt Mariä am 15. August knüpft sich die Kräuterweihe, d. h. die Besprengung aller Arten von nutzbaren Gewächsen mit Weihwasser in den Kirchen, um sie gegen bösen Zauber zu schützen. Auf dieses Fest, die sogenannte Wurzelweihe in Würzburg, soll sich auch der Name der Stadt selbst beziehen. Auch werden auf dem Nicolausberge

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 401. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_401.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)